Menora von Anna Knyazeva

Das Design, um welches es heute geht, wurde von Anna Knyazeva angefertigt, wofür ich ihr hier noch einmal herzlich danke. Wie man es dort erkennen kann, geht es um die so genannte Menora. Die Menora verbindet wahrscheinlich fast jedermann mit der jüdischen Kultur. Das hebräische Wort Menora bedeutet Lampe oder Leuchter.

Menora und Chanukkia

Wenn man nicht mit der jüdischen Kultur vertraut ist und nicht gerade Theologiestudium hinter sich hat, kennt man sich mit solchen Symbolen wie eben die Menora nicht unbedingt aus. Selbstverständlich ist es nicht weiter schlimm, besonders in der heutigen Welt. Allerdings ist es immer angenehmer, wenn man sich halbwegs auskennt als wenn man gar nicht weiß, wovon man redet – in diesem Fall besonders, wenn man mit Menschen jüdischer Abstammung spricht. Und über die letzten Jahren bekommt man den Eindruck, dass man die Existenz der jüdischen Kultur so ein wenig wiederentdeckt – auch wenn es nicht selten als Folge negativer Nachrichtenberichterstattung aus In- und Ausland kommt.

Wenn man im modernen Westeuropa eine relativ lange Zeit antisemitische Stimmungen jeglicher Art fast vergessen hatte, wurde das kollektive Gedächtnis im Laufe der letzten fünf bis zehn Jahre medial spürbar stark aufgefrischt: rechtsradikale Parolen, Unverständnis und Desinformation in politisch links gelagerten Kreisen, Judenhass unter Menschen aus muslimischen Kulturkreisen, Konflikte im Nahen Osten und letztlich Krieg mit Hamas – das alles ist jetzt in den Medien gefühlt viel kräftiger präsent als Jahre davor. Menschen in Europa erinnern sich, dass es jüdische Kultur und jüdische Menschen gibt, und verarbeiten wieder alles, was damit verbunden ist. Das ist viel.

Daher ist es sicher nicht schlecht, wenigstens oberflächlich zu erfahren, was die gängigen jüdischen Symbole eigentlich so bedeuten – und die Menora ist eines davon.

Eben genau, weil die jüdische Kultur so weit, so fremd, so vergessen schien, wissen viele nicht, was die Menora ist und welchen Unterschied es beispielsweise zwischen der Menora und Chanukkia gibt. Die letztere ist eben ein Bestandteil der durchaus geschichtlich-religiösen Tradition des Festes Chanukka und gilt in streng religiösen Kreisen als so heilig, dass man diese nicht ohne weiteres nachbilden darf. Die Chanukkia ist auch ein Leuchter, nur hat dieser nicht fünf oder sieben, sondern acht oder neun Zweige nach oben. Die Menora darf man demgegenüber schon nachbilden und diese findet man unter jüdischen Symbolen – geschichtlich, nicht religiös – in Artefakten, die auf die Zeiten noch Jahrzehnte vor Christus zurückdatiert werden. Die Menora ist somit einer der ältesten Beweise für jüdische Kultur und übrigens auch für die Existenz dieser Kultur in den Gebieten des heutigen Israels.

Chanukka

Auch wenn man die beiden – Chanukkia und Menora – verwechselt, ist es irgendwie interessant, dass man den gesamten Kontext der beiden irgendwie im Hinterkopf behält. Chanukka – das Lichterfest – ist im Judentum von Wichtigkeit, wahrscheinlich vergleichbar mit Weihnachten bei Christen. Leute nehmen es als Tradition ernst. Ob sie dabei an jedes Detail glauben, sei dahin gestellt. Noch mehr als 150 Jahren vor Christus kämpften die Israeliten gegen die hellenistischen Besatzer und deren Anhänger. Und weil die Israeliten den Kampf gewonnen haben, gab es nämlich dieses Lichterfest. Laut der Tradition hat man für den Leuchter Öl benutzt und dieses reichte – wahrscheinlich der ungefähren Schätzung nach – nur für einen Tag. Der Leuchter brannte damit aber acht Tage. So wird zumindest geglaubt und es als Wunder bezeichnet, welches an den Sieg gegen die Besatzer jährlich erinnert. Wie gesagt, ob Menschen dabei glauben, dass das Öl wie durch ein Wunder für acht Tage reichte oder dass jemand es heimlich nachschenkte oder dass es gedichtet wurde, ist eigentlich unerheblich. Erheblich ist die Geschichte mit den Kämpfen gegen die Besatzer – diese sind nämlich historisch belegt und gelten als wahr.

Auch interessant ist beispielsweise, dass sich die Traditionen zum Abhalten des Lichterfestes von einer „Schule“ zur anderen etwas unterscheiden – das könnte man, etwas weit gegriffen, sogar als ein Plädoyer für Meinungsfreiheit sowie Freiheit von starren fundamentalistischen Interpretationen, die in jeglichen Religionen präsent sind, sehen. Sogar eine Prise Menschlichkeit ist dazu im Talmud zu finden, nämlich da, wo – wohl gemerkt, abweichend von „normalen“ Regeln für das Lichterfest – geschrieben wird, dass man den Leuchter nur auf eigenen Tisch aufstellen sollte und nicht draußen vor die Eingangstür oder ins Fenster, wenn man in Gefahr ist.

Wofür steht die Menora?

Nun haben wir über Chanukka gesprochen, ein Fest, um welches es bei der Menora nicht unbedingt geht. Wofür steht denn die Menora, wenn nicht für das Lichterfest? Ich kann dabei nur von meinem Gefühl sprechen und dieses sagt mir, die Menora steht für alle Menschen jüdischer Abstammung. Ganz einfach. Dabei ist es absolut ohne Bedeutung, ob sie religiös sind oder nicht, es ist auch ganz egal, welche politische Ansichten sie haben oder wie „rein“ sie ethnisch sind – es ist ihre Geschichte und diese haben sie sich nicht gewählt. Die Geschichte verbindet diese Menschen. Die Geschichte dieser Menschen ist de facto so reich, dass die ganze Welt davon lernen könnte und das tut sie auch. Und ich spreche hier nicht von irgendwelchen esoterischen Dingen, die keiner versteht, sondern von ganz üblichen Dingen, wie beispielsweise Liebe zu Mitmenschen, Dankbarkeit zu eigener Community, Hochhaltung ethischer Normen, Streben nach Weisheit in der Praxis, akribischer Umgang mit geschichtlichen Belegen, und unheimlich viel Leid.

Was verbanden wir mit Anna mit der Menora im gebotenen Design?

Um ehrlich zu sein, denkt sich jede und jeder irgendwie so ein wenig eigene Sachen, wenn so ein Bild entsteht. Daher wäre eigentlich empfohlen, dass Anna ihre Meinung dazu selbst sagt oder schreibt – vielleicht wird sie es auch tun, zu einem späteren Zeitpunkt. Was ich mir dachte, befindet sich so ein bisschen an der fließenden Grenze zwischen zwei Kulturen – der jüdischen und der ukrainischen. Daher gibt es bei den zwei brennenden Kerzen die Farben Blau und Gelb. Meine Gedanken sprangen wie bei einem Prozessor zwischen den beiden Kulturen – oder vielleicht wie bei Quanten waren sie zugleich bei beiden – und versuchten manche Ereignisse aus den Geschichten der beiden Kulturen zu vergleichen. Vielleicht können Sie es auch?