Es hat sich was geändert. Noch vor einigen Tagen schien die Sonne, es war so heiß, dass wir uns im Schatten versteckten, Sonnencreme anwandten und schwitzten. Jetzt ist es anders. Herbst ist da – eine atemberaubende, wunderschöne, verblüffend unterschiedliche, zunehmend kalte, erfrischende Zeit. Eine Zeit der Farbkontraste. Eine Zeit des klaren Himmels. Eine Zeit des Dunklen und des Goldenen. Hurra.
Goldene Jahreszeit
Die Jahreszeit Herbst ist vieles, aber vor allem ist sie intensiv. Als ob sie der Inbegriff der Veränderung selbst wäre. Schauen Sie doch. In den ersten Tagen sieht man noch die Schönheit, die uns vom Sommer zurückgeblieben war, aber es wird kälter und dunkler. Regen wird zu einem häufigen Tagesbegleiter. D ie Verstimmung. Dann kommt die Zeit der abfallenden Blätter. Alle Bäume verkleiden sich langsam gelb, dann braun und rot – wunderschön! Laub in all den Farben verfärbt zunehmend Gras und Straßen. Bei dem intensiven Farbenspiel wird jeder Tag besonders – einmal sonnig und frisch, mit einem stechend klaren Himmel, ein anders mal Regenfall, der alles wie ein Aquarellbild vermischt.
Es weht ein kalter Wind
Der Herbst bringt die Veränderungen. Und, wie alles in der Natur, hat auch der Herbst für uns beides parat, das Angenehme und das Unangenehme. Ein wenig kommt es vor, als ob die Natur die Linien zwischen Gut und Böse etwas verschwommen darstellen möchte, als ob sie uns sagen möchte, dass nicht alles immer so einfach ist. Die Veränderungen im Klima, von welchen wir sicherlich alle in den letzten Jahren so viel gehört haben, lassen grüßen – Kontraste bei Jahreszeitwechsel können sich krasser anfühlen. Das Wetter spielt verrückt. Bundesämter und Landesämter warnen vor Katastrophen – Überflutungen, Schneewarnungen, Hagel, Windböen, … Die Natur fegt so richtig durch die Gegend. Dabei können wir weniger von Schönheit reden, sondern bekommen es mit der rohen Kraft der Naturgewalt zu tun. Menschen leiden, Menschen sterben. Dieses Spiel – von Verstimmung zur atemberaubenden Schönheit und dann ins Dunkle der Vernichtung – ist typisch für den Herbst. Dieses sich jährlich wiederholende Theaterstück hat uns Menschen so geprägt, dass die Farben der Veränderung auch in unserem Inneren Einklang finden.
Herbst – Gold und Schlamm wie hell und dunkel
Jedes Jahr sehen wir das herbstliche Gold und jedes Jahr werden unsere Gesichter länger und trauriger, wenn Gold zu Schlamm wird. Jedes Jahr spielt die Natur mit hell und dunkel. Hätte ich diesen Text gesprochen, würde ich hier eine kleine Pause zum ins-Fenster-gucken und Innehalten einbauen.
Unerwartet kam der Gedanke: wieso trenne ich mich eigentlich von der Natur da draußen? Wie kommt es, dass ich mir irgendeine Trennlinie einbilde, die mich als etwas dastehen lässt, was nicht die Natur wäre? Das ist doch falsch. Diese Trennung gibt es nicht. Ich bin ja auch die Natur, also ein Teil davon. Die Trennlinie verschwimmt.Heißt das jetzt, dass ich golden werde und dann zu Schlamm? Na ja, darüber lässt es sich sicher philosophieren: hohes Alter als Gold und dann eben Tod – Schlamm. Nur passiert es natürlich nicht jährlich. Doch Kontraste zwischen Eindrücken, Gefühlen, Erlebnissen, Menschen können auch schneller abwechseln als eine Jahreszeit. Ein und derselbe Mensch kann ein nettes Gespräch mit Eltern haben und später desselben Tages jemandem Herz brechen, nicht wahr? Ein und derselbe Mensch kann extrem verletzend sein und dir dann doch das Leben retten. Wie kommt das? Natur.
Liebeszeit der Poeten
Der Herbst. Mit all der Kraft, mit all der Intensität, mit all den Veränderungen und Eindrücken ist es doch nachvollziehbar, warum diese Jahreszeit bei Poeten so beliebt war, und ist.
Puschkin schrieb dazu. Falls Ihnen dieser Name nicht geläufig ist, war es einer der größten russischen Dichtern. Er wäre nicht stolz auf das, was seine Heimat jetzt treibt. Er hätte sicherlich die Kriegstreiberei und Diktatur kritisiert. Doch lassen wir das Thema jetzt kurz außen vor. Puschkin hat unglaublich viele Gedichte geschrieben, darunter auch über Herbst. Kosten Sie mal:
„Eine traurige Zeit! Enttäuschung für die Augen!
Mir ist von dir die Abschiedsschönheit angenehm –
Ich liebe der Natur pompöses Welken …“ („Herbst“, eigene Übersetzung).
Von den jetzt lebenden Poeten im russischsprachigen Raum schrieb und sang dazu Schewtschuk (Band DDT). Vor den Zeiten des jetzigen Regimes war diese Band weltbekannt und der Text über den Herbst kannte fast jeder, der die Sprache kann. Schewtschuk war offen in seiner Kritik gegenüber der jetzigen politischen Elite. Vielleicht hört man aus diesem Grund nichts mehr über ihn.
Poeten im englischsprachigen Raum schrieben über Herbst. Adelaide Crapsey („November Night“):
„Listen.
With faint dry sound,
Like steps of passing ghosts,
The leaves, frost-crisp’d, break from the trees
and fall.“
Poeten im deutschsprachigen Raum schrieben über Herbst. Mörike („Septembermorgen“):
„Im Nebel ruhet noch die Welt,
Noch träumen Wald und Wiesen;
Bald siehst du, wenn der Schleier fällt,
Den blauen Himmel unverstellt,
Herbstkräftig die gedämpfte Welt
in warmem Golde fließen.“
Wie geil! So sagt die heutige Jugend, wenn etwas passt, trifft und ist einfach schön. Sind diese Gedichte nicht so?
Ich bin sicher, von der herbstlichen Jahreszeit wurde geschrieben in allen Kulturkreisen. Denn ihre Schönheit ist überwältigend.
Herbstzeit fühlt sich an wie ein schöner Abend – entspannt. Zumindest fühlt es sich so an, bevor es dunkel und schlammig wird. Vielleicht verlieben sich Menschen auch gern deswegen im Herbst. Als Teenager habe ich mich mehrmals gerade im Herbst verliebt – einmal sogar so stark, dass ich selber wie ein Verrückter Gedichte schrieb. Leidvoll, schön, verzweifelt – so waren die. Leider ist weder was von den Gedichten noch was von den Beziehungen mit Menschen von damals geblieben. Passe. Und gut ist.
Atmen im Freien
Nun – und das ist tatsächlich entspannend – ist das Beste am Herbst einfach. Nach all den Grübeleien und großen Gefühlen ist es doch einfach nur unwiderstehlich, an einem sonnigen Herbsttag aufzustehen, alles liegen zu lassen und zu spazieren. Es ist einfach schön, die frische Herbstluft zu atmen und den klaren Himmel zu sehen. Es ist einfach gut, den Blick auf den malerischen Bäumen ruhen zu lassen, den Fokus in Farben zerfließen zu lassen. Wie glücklich sind jetzt Menschen, die ihre Hunde Gassi gehen! Ich habe zwar keinen Hund, aber ich genieße den Herbst gern. Kein Computer und keine digitale Sensation kann es ersetzen! Man fühlt sich frei bei frischer Luft und klarem Himmel.
Aufstehen nach dem Fall
Der Herbst. Wenn diese Jahreszeit zu Ende geht, sieht alles nur noch grau aus – und dunkel. Kein Blatt an Bäumen. Wahrlich ist gerade da das Jahr zu Ende. Dann kommt der Winter. Es glänzt die Weihnachtszeit in Ferne. Die Welt friert ein. Der Magier Natur deckt alles weiß, um drunter alles neu zu zaubern.Und das Neue kommt. Das neue Jahr. Die neuen Jahreszeiten. Die neue Blüte, Abenteuer, Leben, mehr. Wir alle wissen das.Das neue Design zum Herbst soll auch auf die Produkte kommen. Hoffentlich erinnert dieses Design im richtigen Moment daran, dass Veränderungen zum Leben gehören, dass Licht am Ende des Tunnels doch scheint, dass nachdem alles verwelkt, entsteht wieder Neues. Gut so.
Der letzte Beitrag drehte sich um die so genannte dunkle Seite oder beides – hell und dunkel – im Menschen. Persönlichkeitsrecht – das heutige Thema – kann man durchaus wie so eine Art Vertiefung sehen, oder wie ein Beispiel dessen, wie Menschen mit hell und dunkel umgehen. Das Persönlichkeitsrecht ist heute immens wichtig und doch hat man den Eindruck, dass so viele Menschen gar nichts mit dem Begriff anfangen können. Das ist komisch.
Viele Menschen verbinden das Persönlichkeitsrecht eher mit dem Thema Urheberrecht – zurecht. Im Rahmen von diesem Blog wäre es eigentlich genau richtig (?), sich auf das Urheberrecht zu konzentrieren. Denn ganz besonders da, wo es um die Kunst geht, ist das Urheberrecht etwas, was jede Künstlerin und jeder Künstler braucht. Wenn früher, bei physisch, haptisch erlebbaren Kunstwerken die letzteren nicht so einfach kopiert werden konnten, ist es bei virtuellen Kunstwerken ein Leichtes. Deswegen brauchen Menschen, die etwas kreieren, entsprechenden rechtlichen Schutz. Mehr: die brauchen nicht nur Gesetze und eine funktionierende Exekutive, sie brauchen nicht nur eine gewisse Moral, Ethik in der Bevölkerung, um nicht von jedem und jeder der Identität beraubt werden zu können, sondern sie brauchen auch technische Mittel, die ihnen Schutz ihrer Werke – und sehr wohl ihrer Verdienstquelle, ihres Überlebens – ermöglichen.
Deswegen gibt es so etwas wie Patentschutz – ob auf nationaler Ebene, auf der EU-Ebene oder auf der internationalen Ebene. Deswegen gibt es Technologien, wie beispielsweise DRM, die einen gewissen Schutz ermöglichen sollen. Deswegen gibt es auch Versuche, sich der Blockchain-Technologie zu bedienen, um es den Cyberkriminellen schwer machen zu können, sich für Urheber entsprechender Werke herauszugeben.
Nun kann man zu jedem der obigen Sätze einen weiter vertiefenden Artikel schreiben. Ich möchte in diesem Artikel aber, nicht auf der Ebene des Urheberrechts bleiben, sondern weiter auf die übergeordnete Dimension gehen und den Blick darauf erweitern, was sich da eigentlich dahinter verbirgt. Das erlaubt mir die künstlerische Freiheit.
Was ist Persönlichkeit?
Es geht hier also um das Persönlichkeitsrecht. Aber was ist denn eine Persönlichkeit? Diese Frage kann man entweder den Psychologen oder sogar Psychiatern und Ärzten überlassen oder juristisch angehen – selbstverständlich, nur wenn Sie dazu eine fachlich tragfähige Antwort bekommen wollen, für die entsprechende Verantwortung übernommen werden kann, wie es in der Praxis oft vonnöten ist. Sonst fänden Sie ja noch 1.000 Meinungen. Wenn Sie die Antwort bei Psychologen und Co. suchen, werden Sie teilweise sehr tiefgehende Erklärungen auf den Tisch bekommen, wo allein der geschichtliche Abriss Sie für lange fesseln könnte. Sie werden von Religionen, Philosophien und Kulten hören, Sie werden sich in verschiedene Kulturen vertiefen, um letztendlich relativ einfache und feste Aussagen begründet zu bekommen.
Sie werden von Persönlichkeitsinstanzen nach Sigmund Freud – und anderen Psychoanalytikern – erfahren (das mit Überich, Ich und Es), Sie werden von tragenden Elementen von Sozialisierung erfahren (Einstellungen, Werte, Glaubenssätze, Skripte von Kulturen und Subkulturen), Sie werden von Temperament und physiologischen – vor allem hormonellen – Prädispositionen erfahren, und von vielem mehr. Wichtig wird dabei, dass die Eigenschaften von Persönlichkeiten sich von momentanen Gemütslagen und ähnlichen kurzfristigen Erscheinungen dadurch unterscheiden, dass sie um Einiges stabiler sind. Mit einfacheren Worten: es sind stabile Charakterzüge, die eine Persönlichkeit ausmachen. Diese Stabilität kommt natürlich mit Alter. Bei jüngeren Menschen ist der Prozess der Persönlichkeitsbildung noch sehr weit von einem hohen Reifegrad – da ändert sich noch viel. Aber wenn man sich so zu sagen herauskristallisiert hat, wenn man sich eingependelt hat und die Lebenslage sowie Umwelt relativ stabil bleiben, dann kann man von gestandenen Persönlichkeiten sprechen.
Die Juristen sind in dieser Hinsicht aber viel einfacher. Sie bedienen sich zwar situativ der psychologischen Gutachten, achten aber vor allem auf Gesetze. Und diese sind in Bezug auf das Persönlichkeitsrecht eindeutig, obwohl man davon ausgehen kann, dass die gesetzlichen Formulierungen auf dem Gebiet sich noch weiter verkomplizieren. Bis jetzt ist jedoch klar, dass der Schutz von Persönlichkeitsrecht für jeden Menschen gilt.
Was wird vom Persönlichkeitsrecht geschützt?
Auf der höchsten Abstraktionsebene schützt das Persönlichkeitsrecht Menschenwürde und freie Persönlichkeitsentfaltung. Dies war nicht immer so, diese Schutzrechte sind geschichtlich gewachsen, und nicht nur dank theoretischen Bemühungen der Aufklärer, sondern dank einem kontinuierlichen Kampf um Grundrechte des Menschen, von welchen Menschenwürde ja ein Beispiel ist.
Ferner fallen unter den Schutz der Menschenwürde und der freien Persönlichkeitsentfaltung viele weitere Rechte. Wenn Sie Einführungen zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht lesen, werden Sie dort relativ schnell eben das Urheberrecht oder sogar das Künstlerurheberrecht finden. Sie werden dort das Recht am eigenen Bild finden. Sie werden dort das Recht am Namen finden. Sie werden dort auch schnell – und zunehmend – Datenschutz finden. Dies sind jedoch nur einführende Beispiele. Des Weiteren finden Sie das Recht auf Selbstbestimmung, Selbsterhalt und -entfaltung. Sie finden darunter selbstverständlich das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung. Sie finden dort ebenfalls selbstverständlich die Rechte, die Sie gegen sexuellen Belästigungen oder sogar Vergewaltigungen schützen. Sie finden dort auch viel mehr, was Juristen etwas lieblos als „sonstiges Recht“ betiteln, jedoch genauso wichtig behandeln wie andere – absolute (!) – Rechte: Leben, Gesundheit, Freiheit und Eigentum.
Heutzutage ist beispielsweise Datenschutz in aller Munde. Viele finden die damit einhergehenden Verpflichtungen lästig, doch sie schützen. Und sie schützen jeden Menschen, auch die so genervten und belasteten. Wenn Sie noch nie den Gegenstand von DSGVO (engl. GDPR) oder ähnlicher Gesetze im Bereich von Datenschutz nachspüren konnten, lassen Sie mich Ihnen mal ein Beispiel vor Augen führen.
Wenn jemand die Fotos aus Ihrer Hochzeitsreise entwendet und diese nicht autorisiert auf massiv penetrierten Online-Kanälen veröffentlicht, um Sie zu verunglimpfen, so ist es nicht nur „Hacking“, sondern Einbruch in Ihre Privatsphäre, Ihre Wohnung (wenn die Fotos auf dem stationären PC gespeichert waren), Diebstahl persönlichen Eigentums, sondern auch etwas, was in die Kategorie der Verleumdung und übler Nachrede fällt.
Es gibt – auch wenn nicht so einfach zu realisieren – Möglichkeiten, die Cyberkriminellen, die es betreiben, aufzuspüren und es gibt ausreichend Gesetze, um diese Kriminellen für lange Zeit ins Gefängnis zu schicken. Darüber hinaus gibt es Gesetze, die Ihnen Mitteln an die Hand geben, Schadensersatz sowie Schmerzensgeld zu verlangen. Wenn mit dem Reputation-Schaden auch Schäden im beruflichen Umfeld einhergehen (z.B. Arbeitgeber kündigt Sie offiziell aus anderem Grund, um Probleme zu vermeiden, tut dies jedoch in unmittelbarer zeitlicher Nähe zum beschriebenen Ereignis, oder z.B. Sie haben ein Gewerbe, Image von welchem in einem hohen Ausmaß von Ihrer Reputation abhängt, und welches auf Grund des beschriebenen Ereignisses Verluste einfährt, Kunden verliert oder sogar geschlossen werden muss), können Sie auch da entsprechenden Schutz des Staates bekommen.
Nun müssen Sie beachten, dass es den Schutz nicht in jedem Fall gibt. Der Gesetzgeber unterscheidet zwischen drei Sphären: öffentliche, soziale und private bzw. intime. Um es grob zu vereinfachen: Wenn Sie die Fotos von Ihrer Hochzeitsreise selbst auf Instagram posten, handeln Sie in der öffentlichen Sphäre und werden nicht geschützt. Wenn Sie Ihre Hochzeitsfotos auf Ihrer Arbeit zeigen, handeln Sie in der sozialen Sphäre. Auch da sind Ihre Chancen auf Schutz eher gering. Wenn Sie jedoch Ihre Fotos nur mit Ihrem Partner, Ihrer Partnerin austauschen, so ist es sicher nur privat – und besonders, wenn die Fotos intim sind, beispielsweise sexuellen Inhalt haben, wie Hochzeitsreisefotos nun mal oft tun, ist es ausnahmslos geschützt. Es gibt absolut keine Umstände, die Klau und Veröffentlichung solcher Inhalte rechtfertigen. Nein, wirklich absolut keine, nicht mal, wenn Sie selber anderweitig im Verdacht stehen. Wenn Sie mir nicht glauben, lassen Sie sich doch von Anwalt beraten – sofern relevant.
Ich hoffe, dieses Beispiel war Ihnen eindringlich genug, um zu verstehen, um was es beim Datenschutz geht. Damit Sie nicht denken, dass ich übertreibe, können Sie gerne mal in die Statistiken zu Cyberkriminalität hereinschauen – bitte setzen Sie sich, bevor Sie lesen, denn die Realität ist bitterer als Sie es womöglich gedacht haben.
Wenn Sie jedoch einer der extrem vieler Menschen sind, die solche Probleme bereits an der eigenen Haut erlebt haben, so wissen Sie wahrscheinlich mehr als ich. Nichtsdestotrotz gibt es da etwas, was Sie bedenken könnten. Und zwar ist es das Verständnis dessen, wer heute in der Regel Cyberkriminalität betreibt. Es sind heutzutage meistens keine einzelnen Täterinnen und Täter, sondern Gruppen und es sind meistens Gruppen, die weniger durch Rache für Treuebruch oder Ähnliches getrieben werden, sondern entweder wirtschaftlich oder politisch motiviert. Sie müssen verstehen, dass Gruppen nicht nur im virtuellen Raum aktiv sind, sondern meistens hybrid. Das heißt einerseits, dass bevor Ihr virtueller Raum gehackt wurde, wurden Ihnen bestimmte Daten physisch ausgespäht oder entwendet. Andererseits bemühen sich solche Gruppen darum, Spuren zu verwischen und jegliche Chancen dafür zu reduzieren, von der Polizei gefasst zu werden. Pflegen Sie also keine Gewohnheiten – auch nach den entsprechenden Erlebnissen – zu viele privaten Daten öffentlich oder sozial zu teilen. Denn die Gruppen können sowohl fern gelegene organisierte Kriminalität umfassen als auch ein Sportverein in Ihrer Stadt oder sogar Teenager Gang im Hof Ihres Hauses. Das heißt, man hat auf Sie ein Auge. Nicht dass die Täter danach sagen: „das hat sie doch selbst gemacht“.
Nun schließen wir das Beispiel mit Datenschutzrechtsbruch ab. Das Beispiel wurde hier gewählt, lediglich um etwas zu veranschaulichen, was wirklich für alle relevant ist. Verleumdung, üble Nachrede, unautorisierte Veröffentlichung Ihrer Daten wie das Beispiel zeigte, ist auch das Persönlichkeitsrechtsbruch. Genauso könnten wir einen physischen Einbruch in Ihre Wohnung, eine Vergewaltigung und andere Gewalttaten veranschaulichen – auch die wären Persönlichkeitsrechtsbruch. In der heutigen Welt gehen viele Menschen mit Datenschutz und Persönlichkeitsrecht mehr als nachlässig um, so als ob das gar nicht wichtig wäre. Paradoxerweise wäre jeder und jede dieser Leichtsinnigen mehr als aufgebracht, wenn jemand ihr oder sein Eigentum physisch entwenden, dort einbrechen, sie selbst beschädigen oder vergewaltigen würde. Das klingt schrecklich. Das ist schrecklich. Besonders weil niemand weiß, was die Menschen wachrütteln könnte, damit sie mit dem Leichtsinn aufhören. Diese Dramatik macht einen bedruckenden Eindruck, besonders auf Künstler.
Es ist also viel mehr als das enge Angstgefühl um ein digitales Werk – ein bescheidenes und gefährdetes Verdienst der Künstler. Auch ist es viel mehr als ein gehacktes Facebook-Account. Viel mehr.
Was ist das Persönlichkeitsrecht wert?
Sicher würde auch das Beispiel von oben schon vielen Menschen ausreichen, um den Wert vom Persönlichkeitsrecht zu kennen. Und wenn jemand auch noch versteht, was es heißt, wirklich eine verletzte Ehre zu haben – besonders dauerhaft –, dann wird das Persönlichkeitsrecht sicher noch mehr geschätzt. Doch wie wäre es damit, einen Blick auf die Geschichte vom Persönlichkeitsrecht zu werfen?
Die heutige Lage kennen wir ja. Aber wussten Sie wie es noch vor einigen Jahrzehnten aussah? Wussten Sie übrigens, dass Deutschland schon 1983 um Gesetze bemüht war, die das Beispiel oben betreffen? DSGVO ist da nicht „schuld“. Auch die EU nicht. In den 1990-ern hatten wir bereits Internet und Gesetze zum Datendiebstahl, aber hatten wir auch Technologien und Spezialisten, die uns im Fall der Fälle schützen würden? Sind Sie persönlich sicher, dass alle Ihre Daten von damals nicht entwendet worden sind?
Wie war das eigentlich mit Achtung vom Persönlichkeitsrecht noch in der Zeit, wo es kein Internet und keine Computer gab? Sicher war es – und ist immer noch – nicht immer so, wie man es sich wünschen würde. Springen Sie mal gedanklich in die NS-Zeit zurück – 1930er. Hatten Sie da Recht auf freie Persönlichkeitsentfaltung? Auf freie Selbstbestimmung? War Ihre Ehre geschützt, wenn Sie beispielsweise Jude waren, eine geistige oder körperliche Behinderung hatten oder wenn Sie homosexuell waren? Ich hoffe, Sie sind über die Schrecken der Zeit gut informiert. Millionen Menschenleben wurden hingegeben, damit die Lage gebessert werden konnte – das waren Millionen Menschen, die jemand geliebt hat.
Gehen Sie noch ein wenig zurück in der Geschichte. Welche Selbstbestimmungsrechte, Schutz für Ehre, Persönlichkeitsrechte hatten Frauen noch vor ca. 150 Jahren in Europa? Meinen Sie, sind Bewegungen wie Feminismus damals, wie Sozialdemokratie, sogar wie der theoretische Sozialismus und Kommunismus umsonst entstanden? Sie waren ein massiver Ausdruck des Widerstands. Gegen was? Gegen Missbrauch – verletzte Würde, ungerechte Löhne, absolut fremdgesteuerte Selbstentfaltung, körperlicher Missbrauch von Arbeitskraft, respektloser Umgang, schreckliche Bedingungen im Beruflichen wie im Privaten. Und das alles muss man natürlich im Vergleich sehen – Vergleich zu Diktatoren, Monarchen sowie „Ihren Leuten“, kurzum den wenigen, die anderen missbrauchten.
Gehen Sie noch ein Stückchen zurück in der Geschichte. Schauen Sie sich mal an, wie die Monarchien seit antiker Zeit Menschen behandelten. Klar, gab es Unterschiedliches und klar, viele waren mit äußeren Konflikten so beschäftigt, dass sie nicht mal Zeit hatten, an innerpolitische Probleme zu denken. Doch manche Beispiele sind aus der Geschichte gut bekannt. Wie wäre es, wenn Ihr Landesherr die erste Nacht mit Ihrer Ehefrau verbringen dürfte, na weil er der Herr ist? Wie wäre es, wenn Sie erschossen werden würden, wenn Sie dem Herren, nicht Nachttopf reinigen wollten? Wie wäre es, wenn Sie hingerichtet worden wären, wenn Sie sich nicht absolut hingeben würden, weil der König es von Ihnen verlangte? Na weil der König „der Gesalbte“ Gottes ist, oder „der Gott selbst“! Dies war so bei vielen römischen Kaisern, bei anderen Königen und Fürsten, bei Feudalen im russischen Reich, sogar im antiken Ägypten. Die alle „waren halt so“ – der Rest musste sich anpassen. Ich hoffe, Ihnen stinken diese Worte genauso wie mir.
Bitte denken Sie: wie viel Blut ist geflossen, damit Sie da heute in Ihrem Persönlichkeitsrecht geschützt sind?
Wer hat ein Problem?
Heute stehen wir global im Kampf gegen antidemokratischen Kräfte. Das sind genau die, die nicht viel von Ihrem Persönlichkeitsrecht halten. Heute sind wir technisch gesehen in der Situation, wo Werkzeuge zum Schutz von Persönlichkeitsrecht in der virtuellen Welt nicht reif genug sind, um aktuelle Herausforderungen adäquat zu meistern.
Als ob das nicht genug wäre, ist auch die „weil ich es kann“-Kultur im Hochkurs. Der Satz, den ich persönlich für einen Ausdruck der zurückgebliebenen geistigen Fähigkeit halte, und der heute leider immer noch in aller Munde ist, nämlich „weil ich es kann“, hat immer in der Geschichte für Ruinen gesorgt. Immer. Dieser Satz bzw. die Mentalität dahinter wird auch heute dafür sorgen. Wenn jemand sich am Persönlichkeitsrecht von anderen Menschen vergeht, tut er oder sie das tatsächlich oft nur, weil er oder sie es kann. Stellen Sie sich mal vor, Passanten auf der Straße würden Sie bespucken oder krankenhausreif schlagen. Sie können es ja.
Heute fehlt uns nicht nur Moral und Ethik, uns als Menschen fehlt sogar ein elementares Verständnis dessen, warum es uns so gut geht. Uns fehlt Verständnis dessen, was alles, was heute so „selbstverständlich“ erscheint, das gar nicht ist. Das ist als ob uns Augen fehlen würden und wir wüssten es nicht. Wir alle haben ein Problem.
Nachdem Sie das aufgenommen haben und hoffentlich zu Herzen gehen ließen, wie sehen Sie das Persönlichkeitsrecht?
Damit Sie eine kleine Erinnerung an das Thema haben, gibt es ein neues, folgendes Design – gerne können Sie sich auch Produkte mit diesem bestellen, um es noch öfter vor Augen zu haben.
Aus der Perspektive der jetzigen Zeit scheint das Thema bereits „normal“ zu sein – das mit zwei Seiten einer Persönlichkeit, eines Menschen. Natürlich weiß man nicht wirklich, wie es früher war – man kann nur zeitgenössische Berichte lesen und Annahmen treffen. Doch war dieses Thema eigentlich immer irgendwie relevant für Menschen. Gut und Böse – es geht um nicht weniger als das.
Sicher scheint es nicht so wichtig zu sein, wenn man mit Überleben, mit Geld verdienen, mit alltäglichen Routinen und Pflichten beschäftigt ist – jede und jeder Erwachsene kennt es gut. Sicher erscheint es auch nicht so bedeutend, wenn man das Leben erst entdeckt beziehungsweise in vollen Zügen genießt – das sollte jeder junge Mensch kennen. Ist es dann überhaupt relevant? Ja.
Westliche Gesellschaft von heute hat Individualismus so tief in eigenem Selbstverständnis verankert, dass es gar nicht mehr wegzudenken ist. Dass Menschen im Prinzip Sozialwesen sind, ist für viele eine lästige Realität. Doch in jeder Begegnung mit anderen spielt das Thema „Gut und Böse“ eine wichtige Rolle. Als Kind wollen Sie nicht, dass jemand Ihr Spielzeug wegnimmt. Als Teenager wollen Sie nicht, dass jemand Ihre Liebe, Ihren Schwarm wegschnappt. Als Erwachsener wollen Sie nicht, dass jemand die Ressourcen in die Hand bekommt, die Sie haben könnten. Hier geht es um Gerechtigkeit, um Liebe, um Ihre Bedürfnisse, um Ihr Eigentum, um Ihre Zukunft, um Ihr Leben, nicht wahr? Dabei hängt es nicht davon ab, welche Gesetze in Ihrem Land auf dem Papier stehen – nicht die entscheiden darüber, ob Sie „die dunkle Seite“ von jemandem kennenlernen. Sie wollen nicht, dass mit Ihnen böse umgegangen wird. Niemand will. Da sehen Sie, dass es doch relevant ist.
Philosophien von früher und Daten von heute
Philosophien gab es früher viele. Religionen sind, übrigens, auch nichts anderes als Philosophien. Auch heute gibt es nicht wenige. Im Westen kennen die meisten Menschen allerdings nur einige wenige, die aber wirklich viele Nachfolgerinnen und Nachfolger haben – Christentum, Islam, Buddhismus. Restliche sind kleiner. Deren Anhänger streiten sich oft, manche bekriegen sich, doch im Grunde haben sie viel gemeinsam. In Bezug auf Gut und Böse sind die zwei zuerst genannten aus den drei Großen eher strikt. Sie versuchen es sehr klar zu teilen. Dabei schreiben sie die Ursprünge von Gut und Böse höheren Kräften zu. Für das Gute sei Gott zuständig. Für das Böse der Teufel. Bei den Buddhisten ist es nicht so klar. Um ehrlich zu sein, da ist nicht nur das, sondern auch alles andere weniger klar. Doch auch die bemühen sich darum, im Menschen das Gute zu kultivieren und das Böse nicht ohne Notwendigkeit an Tageslicht kommen zu lassen.
Heute glaubt man weniger an höhere Wesen. Manche glauben überhaupt nicht an Gott, Teufel oder Buddha in jeglichen Formen. Aber das Thema „Gut und Böse“ bleibt relevant. Moderne Menschen lieben Daten. Alle sammeln Daten wie verrückt. Wenn Menschen genug davon haben, sprechen sie immer von Empirie. Sie meinen damit, dass etwas statistisch nachweisbar ist – aus Erfahrung. Wenn Sie in diesem Kontext an die Beispiele von oben – das mit Spielzeug, Schwarm, Ressourcen – denken, dann finden Sie dazu relativ einfach einen Haufen an Statistiken. Statistiken zu Raub, Diebstahl, Vergewaltigung, Betrug, und allen anderen Arten der Kriminalität sind frei verfügbar und überwältigend. Die Kriminalität ist das Böse, von welchem wir reden – nichts Esoterisches, Religiöses, Spirituelles, alles völlig banal. Bei genug Polizeigewalt hält man die Statistik niedrig – „Einzelfälle“, Tausende, Hunderttausende Einzelfälle gibt es dann trotzdem. Und rein empirisch-statistisch wird es sie auch weiterhin geben. Das heißt, Staatsgewalt und damit verbundene Angst vor Bestrafung löst nicht alle Probleme und beseitigt nicht die dunkle Seite. Mehr als das: Erfahrung von vielen Ländern zeigt, dass Polizeigewalt in vielerlei Hinsicht missbraucht wird. Bei zu viel Gewalt in einer Hand und fehlender Opposition führt es oft zu jeglichen Formen von Machtmissbrauch – das ist dieselbe dunkle Seite. Sie können sich nichts darunter vorstellen? Denken Sie an Priester, die Kinder missbrauchen – in einem Land, wo die Kirche immer noch unheimlich mächtig ist. Denken Sie an Bossing – in einem Land, wo Vetternwirtschaft übermächtig ist. Denken Sie an die Journalisten, die fürs Kritisieren – das gehört zu ihrem Beruf – im Gefängnis landen. Denken Sie an Menschen, die in Knast befördert wurden, für etwas, was sie nie getan haben, weil Beamten und Machthaber „geschmiert“ wurden. In Zeiten, in welchen Demokratie in echter Gefahr ist, und zwar international, ist das Thema mehr als aktuell. Wenn Sie es in Ihrer Umgebung nicht merken, freut es mich für Sie. Das bleibt so nicht lange.
Sie sehen, glauben Sie an Gott oder nicht, ist für die praktische Bedeutung von Gut und Böse absolut egal. Aber eben das Gute und das Böse sind nicht egal. Ob Sie dabei glauben, dass das Böse vom Teufel kommt oder Teil Ihrer Natur ist, ist für Menschen, die darunter leiden, absolut irrelevant. Sie können Ihr ganzes Leben lang das Bewusstsein über Ihre „ekelhaften Seiten“ unterdrücken und auf andere projizieren – Psychoanalytiker wie einst Sigmund Freud haben dieses Verhalten gut studiert, empirisch. Sie können meinen, dass es nur andere sind, die wirklich böse wären. Sie werden jedoch trotzdem destruktiv handeln. Sie werden lästern. Sie werden Gerüchte verbreiten. Sie werden diskriminieren. Sie werden lügen. Das sind nur ein paar Beispiele dessen, was alle Menschen tun. Das Schlimme ist auch, dass gerade wenn Sie es, vor allem sich selbst, nicht zugeben, werden Sie auch nicht motiviert sein, etwas zu ändern.
Dunkle Seite – eigene Dämonen
Nun sind wir endlich an dem Punkt angekommen, von welchem aus wir die dunkle Seite nicht mehr bestreiten können – ob die einer Gesellschaft oder die eines einzelnen Menschen. Was heißt es, wenn die dunkle Seite ein Teil menschlicher Natur ist? Meines Erachtens heißt es eine Menge. Zum einen heißt es, dass es keine Rolle spielt, ob es von höheren Kräften so „gewollt“ ist oder nicht – das wissen Sie eh nicht. Sie werden es auch nie wirklich wissen, aber das ist ein anderes Thema. Als moderne Menschen gehen wir davon aus, dass es keine höheren Kräfte gibt und das heißt buchstäblich, dass die dunkle Seite „mit uns gewachsen ist“. Sie entwickelte sich mit Umständen – Ihrer Genetik, die ja nichts anderes ist als der Speicher wesentlicher Informationen von Ihren Vorfahren, Ihrer Gesundheit, von Ihrem Hormonspiegel, der Physiologie Ihres Körpers, der Chemie in Ihrem Gehirn, von Ihrer Umgebung, angefangen bei Eltern über Freunde und Feinde bis in die Gesellschaft, in der Sie leben. Zum anderen heißt es, als Konsequenz des Ganzen, dass Ihre dunkle Seite in jedem Fall herauskommt, wenn die Umstände es erfordern. Niemand wird es wirklich unterdrücken können – weder der Polizeistaat noch Wettbewerb noch Sie selbst mit all den Techniken der mentalen Verkrampfung, die seit Jahrtausenden über Ihrer Seele schweben. Falls Sie nicht wissen, was eine Technik für Selbst-Verkrampfung sein soll, denken Sie an „ich darf nicht, weil ich in die Hölle komme“ oder „ich darf nicht, weil es dann keine Liebe ist“ – diese mentalen Blockaden sind vielen sehr gut bekannt. Und Disziplin – ob in der Form der Polizeigewalt oder eigener Prinzipien – kann lediglich das Ausmaß begrenzen, in welchem die dunkle Seite herauskommt. Akzeptanz dessen, dass man manchmal nicht anders kann als die dunkle Seite herauskommen zu lassen, ist der wichtigste Schritt dazu, damit bewusst umzugehen – und dann, hoffentlich, konstruktiv.
Als kein professioneller Künstler habe ich mich mal an einem Bild versucht, welches den Prozess der Bewusstwerdung des Dunklen in sich selbst, zeigen soll. Ich habe die Kunst nicht studiert und hatte keine Möglichkeit, es jahrelang von Tag zu Tag entsprechend zu üben, daher bitte ich um etwas Nachsicht – es sieht nicht perfekt aus. Aber es sollte genug ausdrucksvoll sein, um die Gedanken aus diesem Beitrag bildhaft zu veranschaulichen.
Schokoladenseite
Der besagte Prozess der Bewusstwerdung über die eigene dunkle Seite scheint heutzutage eine massive mediale und eine massive gesellschaftliche Präsenz zu haben. Alle sprechen darüber. „Come to the dark side – we have cookies!“ und so ähnlich. Und nachdem alle mal „die Sau“ herausgelassen haben – immer und wieder, Jahre lang, bis es bewusst geworden ist, dass wir Menschen leider nicht besser sind als eine Sau, … Was dann? Dann haben wir die Wahl. Wir haben die Wahl, wie wir mit den inneren Impulsen, die Sau herauszulassen, umgehen. Zwar auch nicht immer ist es uns möglich, Widerstand zu leisten, aber zunehmend häufiger, wenn es bewusst ist.
Na nun, ist es denn schon alles? Nein. Der Widerstand ist auch ein Lernprozess. Es wird immer und wieder darauf ankommen, ob wir uns als fähig erweisen, den Widerstand zu leisten. Ist es nicht die alte gute Verrücktheit wie damals „Kampf gegen Teufel“? Wie Martin Luther es oft zu kämpfen pflegte und all die „komischen Christen“ und andere religiöse Fanatiker? Ehrlich? Ich weiß nicht, ob Sie es damit vergleichen können.
Denken Sie mal über folgende – hier fiktive, aber realistische – Geschichte nach:
Klara war ein etwas unsicheres Kind und musste daher oft in Auseinandersetzungen mit anderen einstecken. So ging es bis sie an die Uni kam. Das heißt die ganze Schulzeit war Klara ein typisches „Opfer“ – furchtbar… Dann lernte sie Informatik, tat sich zusammen mit etwas verdächtigen Cliquen, verschwand die ganzen Nächte, zog schließlich um. Jahre später landete sie im Gefängnis. Es ist herausgekommen, dass sie sich bei einigen ehemaligen Mit-Schülern rächte. Einer davon räumte sie die Konten aus. Einem anderen ruinierte sie Reputation und Gesundheit. Einer weiteren erschwerte sie massiv Berufsleben. … Irgendwann ist es der Polizei aufgefallen, dass es zwischen den Opfern eine Verbindung gab – die Schule, der Spaß, die Opfer ihrer Jugend. So fragten sich die Beamten, wer der nächste sein könnte und … dann fassten sie Klara.
Stellen Sie sich mal vor, bei dem einen – „dem nächsten“ – hätte Klara sich zurückgehalten. Einmal. Sie hätte den Knast vermieden. Heißt es, dass sie nie mehr in Versuchung gekommen wäre? Bei der Vorgeschichte wie ihrer wäre sie sicherlich immer und wieder versucht. Und um sich selbst das Leben nicht zu vermasseln, hätte sie immer und wieder ihre dunkle Seite unterdrücken müssen. So etwas hätte Übung gebraucht. Für Klara wäre diese Erkenntnis zu spät.
Also ist beim Überwinden des inneren Schweinehundes Übung vonnöten. Soweit so gut. Aber das kann doch nicht alles sein! Ganz richtig, ist es auch nicht. Hier brauchen wir Re-Fokussierung, vom Dunklen aufs Helle. Das ist als ob Sie plötzlich die Sonne anschauen. Einmal blendet es. Es kann abschrecken, es kann schädlich zu sein scheinen, wehtun. Wenn man es aber doch schafft, den neuen Fokus zu behalten, sieht man wesentlich mehr als nur einen Lichtstrahl. Stellen Sie sich vor, Sie helfen einem Kriegsopfer zu überleben. Dann helfen Sie ihm, sein Leben auf die Reihe zu bekommen – anständige Arbeit, gutes Verdienst, guter Wohnort, gute Freundschaften, Hoffnung. Um auch nur einer Person so zu helfen, müssen Sie lange dranbleiben. Sie müssen Herausforderungen durchlaufen – angefangen von politischen Wellen über Bürokratie und Antipathien, über alles Menschliche bis durch Ihre Zweifel hinaus – solange bis Ihr Schützling Schritt für Schritt näher an sein Ziel kommt. Das dauert Jahre. Was kriegen Sie dafür? Eventuell gar nichts. Außer dem Wissen, dass Sie Gutes getan haben – Ihre helle Seite ausgelebt eben. Wahrscheinlich werden Sie dabei ein gutes Gefühl bekommen und es wird Sie Ihr ganzes Leben lang wärmen, Ihnen vielleicht sogar so etwas wie Sicherheit geben. Probieren Sie es doch aus! Jedenfalls kann man sicher davon ausgehen, dass auch die helle Seite Übung braucht.
Aber mal ehrlich, wie „komisch“ das heutzutage wirkt. Jemandem sein Bestes zu geben und nichts zu erwarten, statt Spaß, statt Geld, statt … Ist es nicht ein blöder Zeitverlust? Naivität? Sie entscheiden. Sie haben die Wahl. Noch schwerer wäre wahrscheinlich, jemandem zu helfen, nachdem Sie von dieser Person irgendwie verletzt waren – das wäre Vergebung. Doch das Thema ist zu groß für diesen Beitrag.
Für manche Shop-Besucherinnen und -besucher ist es auf Anhieb klar, für andere nicht immer. Daher möchte ich in diesem Beitrag auf die Frage eingehen, warum #a2bshop nachhaltig ist. Sicherlich kann sich heute jede und jeder „nachhaltig“ nennen. Sich „grün“ auf die Fahne schreiben und so tun als ob. Das ist hier nicht der Fall.
Persönliche nachhaltige Werte
Wenn Sie gedacht haben, dass ich mich gern irgendwohin klebe, um mein Protest zu zeigen, muss ich Sie enttäuschen. Das tue ich nicht. Aber ich würde es tun, wenn ich muss. Und ich glaube, dass viele junge Menschen, die es tun, fest davon ausgehen, dass sie damit was Gutes erreichen. Mehr als das: ich glaube, die heutige Welt braucht das. Sie braucht es dringend. Sie muss vom „Normalbetrieb“ abgelenkt werden. Vielleicht sogar herausgerissen werden.
Ich bin auch nicht beim „Green Peace“, aber ich glaube fest, dass wir die Natur schätzen und schützen müssen. Ich schätze saubere Luft, ich schätze gesunde Umwelt, ich schätze die Möglichkeit, Zeit in der Natur zu verbringen – das macht einen stark. Ich schätze sauberes Wasser, ich schätze es, wenn die Tierwelt um uns herum keine Angst haben muss, weil wir mal „Bock“ haben, destruktiv zu sein.
Das reicht jedoch nicht. Ich glaube sehr wohl auch, dass wir Menschen unsere Umwelt so ziemlich kaputt gefahren haben. Maßlos übertrieben. Allein das Thema „globale Erwärmung“ lässt täglich grüßen, wenn wir Klimaänderungen mitbekommen, die völlig ungewöhnlich wirken, wenn es Überflutungen gibt, wenn die Sonne etwas zu stark wird. Darüber zu reden, wenn man irgendwo geschützt ist, ist einfach. Darüber zu reden, wenn man überflutet ist, ist sicher anders. Das Schlimmste dabei ist, dass es sich immer noch so weiterentwickelt. Die Umwelt muss geschont werden.
Ich glaube aber nicht nur an den nachhaltigen Umgang mit Klima und Natur, ich glaube auch an einen nachhaltigen Umgang miteinander. Heutige Welt macht oft den Eindruck eines übermüdeten Teenagers, der gerade nach einem 15tägigen Marathon unter Amphetamin endlich nachhause kommt und das Gefühl hat, dass er schon alles im Leben gesehen hat…
Wir haben Jahrtausende lang Predigte über Nächstenliebe gehört – leider oft von Leuten, die nichts damit zu tun haben. Wir haben Jahrhunderte lang über Gleichheit der Menschen gehört – leider von Leuten, die doch häufig etwas „gleicher“ waren als die anderen. Und dann dachten wir uns, dass wir es jetzt so richtig mit Wettbewerb und Egotrip mal aufnehmen sollen, weil alles andere so wie so „fake ist“. Und dann haben wir es auch tatsächlich gemacht – mit Egotrip echt übertrieben. Deswegen ist die Umwelt auch so kaputt. Wenn Wettbewerb so richtig auf Hochtouren läuft, bleiben nicht nur jegliche Regeln auf der Strecke, sondern generell alles Andere. Lustig sind Menschen, die noch (!) nicht Höhepunkte des Wettbewerbs erlebt haben, wie beispielsweise bewaffnete Konflikte und Kriege, und meinen, dass sie so geile Hengste wären und alles im Leben erfolgreich erreichen… Lustig sind auch die, die maßlos im Ellenbogenkämpfen sind, doch immer, wenn es ihnen nicht passt, sich an die Gesetze erinnern, an die Gleichheit, an das Recht… Das ist sicher nicht die Welt, die Menschen glücklich, gesund und auf Dauer gemeinsam erfolgreich macht. Auch werden die Menschen bei so einem Umgang miteinander kaum so richtig für Umwelt, Natur und Klima sorgen.
Eine bessere Welt für nächste Generationen zu hinterlassen – das ist nicht ganz unwichtig, stimmt’s? Dieser Aufgabe muss man sich stellen. Aktiv. Wenn ich mich umschaue, sehe ich unterschiedlichste Ansätze. Monarchen beispielsweise fokussieren dabei auf einer besseren Welt für ihre eigenen Familien. Alle anderen sind doch Diener, Menschen zweiter Klasse, Untermenschen… Dasselbe machen Diktatoren. Alle anderen haben doch keine Ahnung… Dasselbe machen führende Politikerinnen und Politiker in totalitären Regimen – oft tragen sie „sozialistisch“ im Namen. Sie haben uns doch alles gegeben, nicht wahr? Dasselbe machen alle, die mit dem Begriff „Heimat“ eigene Schande vertuschen. Sie alle tun so, als ob sie sich um ihr Volk kümmern würden.
Es gibt aber auch andere, oft gnadenlos kritisierte, zerschmetterte, verträumte Menschen, die es wirklich versuchen, eine bessere Welt für alle zu schaffen. Solche gab es immer. Glücklicherweise sind sie heute viele rund um die Welt. Und das sind sie, weil sie eine gemeinsame Vision haben können – in unseren Zeiten ist es genau die „Grüne“ Vision. Das sind sie, die Nachhaltigkeit weiterbringen. Das sind sie, die für Achtung der Grundrechte sorgen. Das sind sie. Diese Menschen muss man unterstützen. Sie sind nicht perfekt – niemand ist es. Aber sie tun das, was man muss.
Ich habe hier mehrmals „müssen“ verwendet – bewusst, denn es gibt in meinen Augen keine vernünftige Alternative dazu. Vermutlich beschreibt das bisher Gesagte meine Werte genug, damit Sie wissen, warum mir Nachhaltigkeit am Herzen liegt. Und nicht erst seit gestern.
Warum ist a2bshop nachhaltig
Doch meine eigenen Werte oder Werte deren, die mit mir zusammen arbeiten, sind nicht alles. Jemand sagte „zeig mir deinen Glauben in Handlungen“. So müssen die Werte auch im Handeln sichtbar sein. Dazu gehört Folgendes.
Nachhaltige Kommunikation
Allem voraus ist es die Kommunikation der Werte, über die Sie eben gelesen haben. Jedes Design, welches hier gemacht wird und auf die Produkte kommt, hat eine Geschichte. Jede dieser Geschichten ist mit den Werten verbunden. Und wenn die Produkte mit den Designs gekauft werden, so wollen wir, dass Menschen diese Geschichten lesen. Wir wollen, dass sie dabei an Freiheit, an Demokratie, an Nachhaltigkeit denken. Wir wollen aber auch, dass sie Spaß an Produkten haben. Wenn wir auf die Produkte Gedichte bringen, so stehen wir mit unserer Seele dahinter. Das spüren Menschen. Das finden sie toll. Wir wollen Kunst präsentieren – und Kunst ist etwas, was diese Art der Kommunikation schon immer gemacht hat.
Dabei ist es uns ganz wichtig, den immer eng werdenden Blick der Gesellschaft, die sich zunehmend regional abkapselt, doch breiter zu halten. International. Interkulturell. Offen. Das ist wichtig. Und das unterscheidet uns womöglich auch von anderen „nachhaltigen Shops“.
Nachhaltige Produkte
Wenn Sie auf unser Sortiment schauen, finden Sie nützliche Accessoires für Reisen, Küchenbedarf, Bad, Schuhe, Taschen, Computer- und Handybedarf – das sind Dinge, die wir Menschen wahrlich nachhaltig benötigen. Ich möchte hier nicht übertreiben. Selbstverständlich ist gesunde Ernährung noch wichtiger, doch die ist hier nicht im Fokus – auch wenn wir irgendwann internationale Lebensmittel, wie beispielsweise Wein anbieten wollen.
Vor allem aber finden Sie bei uns Bekleidung – zurzeit nur für Erwachsene, was sich noch ändern kann. Bekleidung für Herren, für Damen, lässige Bekleidung für Alltag, Sportbekleidung, warme Bekleidung, leichte Bekleidung. Das alles deckt im Prinzip menschliche Bedürfnisse ab und nicht nur Gelüste. Das ist wichtig.
Manche unserer Produkte sind aus recycelten Stoffen hergestellt – das ist nachhaltig. Die anderen sind hergestellt aus den Materialien, die natürlich abbaubar sind – und auch das ist umweltbewusst.
Nachhaltige Materialien
Des Öfteren werden Sie auf unseren Shop-Seiten Produkte finden, die mit Begriffen Öko, Bio, umweltfreundlich, nachhaltig versehen sind – mit Recht. Manche davon sind nachhaltig, weil sie aus entsprechenden Materialien gemacht sind. Das sind Stoffe, die natürlich abgebaut werden und die Umwelt daher nicht verschmutzen. So ist beispielsweise Baumwolle. Manch andere sind aus recycelten Materialien angefertigt – was zeigt, dass wir die Umwelt doch entlasten können. Sie finden noch nicht immer Informationen zu möglichen Zertifizierungen. Bitte bleiben Sie ruhig und bedenken Sie die Lieferkette. Zertifizierung von Materialien findet oft dort statt, wo die Rohstoffe verarbeitet und Rohprodukte angefertigt werden – das sind meistens unsere Partner oder sogar einige Stufen davor. Wenn Zertifizierungen vorliegen, wird es auch in Produktbeschreibungen zu finden sein. Des Weiteren kosten die Zertifizierungen Geld. Man vergießt es als Käufer. Manche der relevanten Zertifizierungen für nachhaltige Bekleidung sind beispielsweise „Global Recycling Standard“ (GRS) und „Recycled Claim Standard“ (RCS). Diese kosten bis zu 9.000 Euro. Wir sind ein Startup und für uns ist jeder Cent momentan wichtig. Das bedeutet nicht, dass wir nicht investieren. Das tun wir. Schritt für Schritt. Selbstverständlich würden wir uns daher auf entgegengebrachtes Verständnis und Vertrauen freuen. Schließlich können Sie ja ganz einfach die Produkte erwerben und so prüfen, woraus diese bestehen. Gerne können Sie Ihr Feedback entweder uns direkt über Kontaktformular zusenden oder auf Instagram hinterlassen oder auf shopauskunft.de samt Ihrer – hoffentlich positiver – Bewertung. Alles ist transparent.
Bei unserem Angebot versuchen wir immer nachhaltige Produkte zu priorisieren. Auch wenn es nur weniger Logistikkosten und entsprechende Emissionen heißt.
Nachhaltige Herstellungsprozesse
Wir machen uns Gedachten über die Herstellungsprozesse – nicht nur die eigenen, sondern auch die von unseren Partnern in der Lieferkette. Immer wenn beispielsweise ein T-Shirt aus Polyester hergestellt wird, wird weniger Wasser und Erdöl benötigt als bei Herstellungsprozessen mit anderen Materialien. Das ist der Vorteil der Materialauswahl, die man treffen kann. Immer wenn beispielsweise ein liebevolles Design mit einem bestimmten Verfahren gedruckt wird oder KI gestützt generiertes Design aufgenäht, so leidet die Umwelt weniger als bei anderen Verfahren. Das ist der Vorteil der nachhaltigeren Produktionsverfahren, die man wählen kann. Ich schreibe hier bewusst von wählen, denn wir können auch die Herstellungsprozesse wählen, die schneller, besser, weiter … uns alle auf Wettbewerbshochtour in die Grube fahren. Und das tun wir nicht, weil uns Nachhaltigkeit wichtig ist.
Ich versuche in nächsten Beiträgen mehr auf einzelne Punkte einzugehen, vielleicht sogar auf die Weise, die Sie bei sonstigen Hundert nachhaltigen Blogs nicht finden können 😛
Haben Sie schon über die Kindermalerei gestaunt? Ich schon. Wenn Sie noch nicht genug von Kinderwerken gesehen haben, dann sollten Sie welche unbedingt mal anschauen. Das Thema dieses Beitrags ist Kindermalerei. Ich beobachte seit Jahren, was meine Kinder malen mit Begeisterung, kam aber bis auf die Ausnahme der letzten Woche nicht dazu, über die Kindermalerei zu lesen. Da gibt es einen Haufen an Literatur und nein, natürlich habe ich es nicht in der letzten Woche durchgelesen. Aber ein paar Dinge habe ich doch entdeckt.
Phasen und Ausnahmen
Ich habe gelernt, dass bei einer Großzahl von Kindern die Entwicklungsphasen im Bereich Malen ähnlich ablaufen. Sie üben sich am Stift und Papier bis in etwa zwei Jahren alt. Sie kritzeln bis etwa vier. Sie „vergessen“ den Menschen in ihren Bildern den Rumpf zu verpassen bis etwa sechs. Und dann strengen sie sich immer mehr und systematisch an, Bilder realistisch zu gestalten. Manche Kinder gehen diese Phasen schneller durch, die anderen langsamer – völlig normal.
Kritzeln und moderne Kunst
Was mir dabei aufgefallen ist, sind die Bilder mit dem so genannten „Gekritzel“, also von Kiddies in einer noch sehr frühen Entwicklungsphase. Manche Beispiele, die ich da gesehen habe, würden meiner Meinung nach, eine würdige Konkurrenz bekannten Werken erwachsener Künstler abgeben. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Ich liebe Kunst, auch moderne. Doch gibt es viele Menschen, die moderne Kunst nur schwer verstehen. Was sage ich da? Verstehen? Ich bin ehrlich: wenn man beim Betrachten mancher Werke moderner Kunst keine fachkundige Begleitung hat und auch keine Story dazu nachlesen kann, wird es mit dem Verstehen oft eng. Man kann es dann trotzdem mögen – oder nicht. Aber nicht verstehen. Man kann da aus der eigenen Perspektive etwas hineininterpretieren, aber nicht verstehen. Die moderne Kunst ist oft so anders, dass die Frameworks, die Regelwerke fürs „Verstehen“ – fürs „normale“ Verstehen – oft versagen. Man ist dann wie ein Papierboot ins Ozean gelassen – und es driftet und driftet … bis man die Kontrolle völlig verliert. Nun, vielleicht müssen wir es auch nicht immer verstehen.
Was ich sagen will, ist, dass Kinder wunderbare Kunstwerke produzieren können, und uns Erwachsenen ist es nicht mal bewusst, was für ein Schatz da entsteht. Auch außerhalb des Geistigen, des kreativen Wertes kann da nicht wenig sein. Wussten Sie, wie viel manche Künstlerwerke kosten, die – ohne Abwertung – nach Kindermalerei ausschauen? Ich kenne eines, welches für mehr als 60 Millionen US-Dollar verkauft worden ist. Machen Sie mal Pause mit dem Lesen und meditieren Sie mal drüber.
Das ist das Werk von Jean-Michel Basquiat, was für über 60 Mio. US-Dollar verkauft worden ist. Übrigens, Basquiat ist einer meiner Lieblingskünstler. Hier können Sie etwas über seine Werke nachlesen.
Spannender finde ich jedoch sein Leben und seine Persönlichkeit. Doch dazu werde ich hier nichts sagen – Sie können ja selbst nachrecherchieren.
Und hier kommt eine kleine Serie von Kindermalerei.
Diese Bilder stammen von meinen allerliebsten Künstlern, deren Werke ich jeden Tag betrachte. Das vorletzte Werk heißt Mama, das letzte heißt Uhr. Die Werke davor sind nicht betitelt.
Ich lasse es mal kommentarlos. Jede und jeder lässt die Kunst selbständig auf sich wirken. So am besten.
Diagnosen und Justiz bei Kindermalerei
Es gibt Menschen, die glauben, aus der Kindermalerei Diagnosen für Krankheiten ableiten zu können. Die entsprechenden Ansichten sind jedoch umstritten. Es ist wirklich nicht ganz unproblematisch, denn immer wenn Sie eine Diagnose stellen oder offiziell hinschreiben, fängt diese an, ein weniger zu kontrollierendes Parallelleben zu führen. Man plappert und vergisst. Man liest mit und bricht Gesetze. Man lässt ethische Prinzipien fallen. Plötzlich entstehen Gerüchte, mit der Zeit können diese in regelrechten Terror, wie Mobbing, übergehen. Es führt zu Erlebnissen, Leidensdruck und Stigmatisierung für den Rest des Lebens. Ob es negative Auswirkungen im erwachsenen Alter hat? Und wie. Deswegen ist Vorsicht beim Diagnostizieren gut. Mehr als gut.
Justiz versteht es auch. Da geht es nicht nur um Stigmatisierung und entsprechende Erfahrungen von möglichen Opfern. Da geht es auch um Spiel mit Leben weiterer Menschen. Haben Sie schon mal Menschen getroffen, die unschuldig im Knast landeten? Ich schon. Solche Begegnungen bleiben in Ihrer Erinnerung für immer. Dabei ist es immer und wieder faszinierend, wie schwer Menschen an die Unschuld glauben. Stellen Sie sich mal eine politisch aktive Frau vor, die ihre Überzeugungen während der Sowjetunion-Zeit offen aussprach. Nein, nicht in den Medien, einfach in mehr oder weniger privaten Kreisen. Diese Überzeugungen waren völlig normal – aus der demokratischen Perspektive – und hatten nichts mit jeglicher Gefahr oder Aggression zu tun. Dennoch landete die Frau dafür für über 10 Jahre in Straflagern. Es ist mittlerweile ein Allgemeinwissen, dass es solche Geschichten Hundertfach gab. Und doch glauben die Menschen schwer.
Eine krasse Realität ist, dass bei den Umständen wie die Sowjetunion sie erschuf, auch ein Kindergekritzel hergenommen werden konnte, um jemanden für den Rest der Tage „auf die Strafbank“ zu setzen. Sensibel ist es, nicht wahr? Heikel. Besonders wenn Sie auch noch die ganzen Familien, wie die dieser Frau aus der Sowjetunion, bedenken. Die leiden ja auch und sie leiden massiv.
Und nun, wollen wir doch hoffen, dass die meisten Justizbehörden der Welt heute weiter sind. Die fortgeschritteneren unter solchen wissen um die unzuverlässige Qualitäten der Malerei Bescheid.
Nichtsdestotrotz glaubt man, dass man wenigstens Sympathie oder Antipathie, die Kinder empfinden, aus deren Malerei ablesen kann, auch ohne sie zu einer Aussage zwingen zu müssen. So interpretiert man auch Beziehungsqualitäten. So entstanden auch die therapeutischen Spiele, wo man Familienaufstellungen mit Tieren-Figuren macht. Das hilft den Therapeuten dann, Familiendynamik nachzuvollziehen und heilen zu helfen. Übrigens wendet man solche Methoden nicht nur mit Kindern an, sondern auch mit Erwachsenen sehr stark. Familientherapeutinnen und Systemtherapeuten nutzen das mit ihrem Klientel. Und das hilft.
Phantasie-Welten
Wenn mir bestimmte Werke meiner Kinder auffallen, versuche ich Gelegenheiten zu finden, mich mit ihnen entspannt zu unterhalten und zu fragen, was sie da gemalt haben. Sie erzählen es auch sehr gern. Man kann solche Gespräche echt genießen. Manchmal bekommt man ganze Storys so daher erzählt. Man kann auch sehr viel lachen. Achtung! Nicht abwertend über Kinder und ihre Werke, sondern gemeinsam mit ihnen über die Geschichten, die sie auch lustig finden. Ich fand auch, dass sie sich über Nachfragen wirklich freuen. So erfährt man, dass das, was man beim ersten Blick auf ein Bild für irgendeine Art Spieß hielt und sich über Spieße in Füßen Sorgen machte, eigentlich Schuhe sind, und wird entspannter.
In Kinderphantasie sind Sachen anders. Sie sehen dort anders aus als das, was wir Erwachsene kennen. Sie heißen manchmal auch völlig anders. Ist es nicht das, was wir in der modernen Kunst so schätzen? Ist es nicht diese Fähigkeit, völlig eigene Phantasie-Welt zu kreieren? Schauen Sie doch auf die Bilder des wahrscheinlich bekanntesten Surrealisten aller Zeiten Salvador Dali:
Keine Sorge, rechtlich gesehen, ist dieses Bild so wichtig für die Welt, dass es für Salvadors Rechte nur vorteilhaft ist, wenn ich es hier mal mit-einbaue.
Wenn Sie auf dieses Bild von Dali gucken, haben Sie nicht das Gefühl, dass er eine ganz andere Welt hatte? Eine ganz andere Realität? Eine ganz andere Wahrnehmung? Ja. Was für eine unglaubliche Kindesseele!
Ach ja, nach den Wahlen ist vor den Wahlen. Eine komische Zeit haben wir jetzt. Ich möchte mit diesem Beitrag vom Ernst der Lage ablenken. Als wissenschaftlich bewiesen gilt, dass man solche kräftige Emotionen wie Angst bzw. Hass und Liebe bzw. Freude nicht gleichzeitig empfinden kann. Deswegen möchte ich hier ein wenig über die Liebe sprechen. Weg vom Hass. Weg von der Angst. Hin zur Liebe. Ach, wie romantisch.
Was ist Liebe?
Herr je, was ist das für eine Frage – denken Sie vielleicht. Tja. Ich würde es auch denken. Eigentlich ist es sogar ziemlich anmaßend oder sogar psychisch gestört, über die Liebe zu sprechen, oder? Wer weiß schon was das ist. Je nach Sprache und Kultur und sogar je nach Persönlichkeit und Erfahrung versteht man was Anderes darunter.
Arten der Liebe im antiken Griechenland
Die alten Griechen – das weiß ja jede und jeder heute, bilde ich mir ein – teilten diesen Begriff, bei dem es sicher um Zuneigung geht, und vielleicht sogar um Bindung und Sympathie, in drei. Die Liebe zu Freunden, die Liebe zu romantischem oder sexuellem Partner und die Liebe der Eltern. Ich würde mal sagen, gut zusammengefasst. Oder fällt hier die Liebe zum Haustier? Und wie wäre es mit der Liebe zu Hobby, Sport, Arbeit, Haus, Land, Heimat, Kultur, Sprache, Verwandten, Volk, höherer Kraft (Ihrem Stern) und sich selbst? Wie wäre es mit Fetisch? Was?! Oh, nein, nicht das auch noch.
Ich glaube, die Griechen haben schon wichtige Bereiche abgedeckt, aber wahrscheinlich nicht alle. Und vor allem, auch wenn man die Zuneigung nach Objekt sortiert, hat man noch lange nicht gesagt, was die Liebe ist! Im Ernst, ich habe noch keinen einzigen Menschen getroffen, wer immer ganz genau wusste, was die Liebe ist.
Große Klappe und nichts dahinter
Ich habe viele Menschen gesehen (bin ja schon so alt), die lange Zeit von Liebe schwärmten und dann es doch nach paar Jährchen in Frage stellten. „Chemie“ – sagten sie dann. Tja. „Das verflixte dritte Jahr“, „das verflixte siebte Jahr“, „der verflixte vierte Monat“ oder so ähnlich, sagen viele. Ganz erfahrene Lebenskämpferinnen und -kämpfer wissen oft „Verliebtheit“ von Liebe zu unterscheiden. Gute Freunde mit gut gemeinten Absichten wissen oft, wer wen liebt oder nicht. Dabei weiß buchstäblich niemand von ihnen, was die Liebe ist. Komisch. Aber so sind wir Menschen. Machen uns wichtig, wissen alles und nichts. Es gibt sogar Neurowissenschaftler oder Biologinnen, die sich mit dem Thema Liebe neuropsychologisch und biologisch beschäftigen. Wissen sie da mehr? Na ja. Ich würde sagen: sie können wesentlich besser begründen, was alle irgendwie mitbekommen, aber mehr wissen? Hm. Sie können sich gerne auch selbst Ihre Meinung darüber bilden. Aber irgendwie gibt es doch die Liebe, oder? Sieht so aus und das ist toll!
Nicht nur das Was, sondern das Wie ist wichtig
Ich kann mich erinnern, in meiner Jugendzeit tauchten die Kaugummis auf, die Verpackung enthielt außer der Gummi eben immer ein kleines Bildchen oder Comic. Da stand immer eine Geschichte drauf (also bei jedem Kaugummi andere), die immer mit dem Satz „Liebe ist …“ anfing. Zugegeben, damals mochten es eher Mädchen. Aber jetzt im Alter finde ich als Mann es klasse, dass es solche Kaugummis gibt. Um es mal allgemein zu wiedergeben, wurde auf den Zettelchen mit Bildchen immer gezeigt, wie die Liebe ist oder was die Liebe macht oder nicht macht – niemals stand da, was das ist. Irgendwie enttäuschend ist es, die ganze Zeit drum herum zu reden und nie zu wissen, was man sagen will, nicht wahr? Ach ja. Doch in der Praxis reicht es uns, die Liebe zu erleben – auch wenn wir es nicht in Worte fassen können. Zum Beispiel so intensiv wie in dem folgenden Design (Vorsicht, bisschen pathetisch):
Na und?
Sie sagen „na und“. Haben Sie Recht. Denn wenn wir lieben oder geliebt werden, wissen wir meistens auch ohne klares Verständnis dessen, was die Liebe ist. Und wenn wir dem Glück nicht begegnet sind, wer sagt, dass es schlimm ist? Es gibt Menschen, die ohne Liebe aufwachsen, Liebe verlieren, in einer lieblosen Umgebung leben – denken Sie doch an Krieg. Oh, ist es Ihnen zu groß? Zu viel? Gut gut, dann machen wir es klein. Denken Sie an fiese Nachbarn. Stellen Sie sich mal vor, dass Sie niemandem vertrauen können – die ganze Zeit. Egal, wie hart man ist, die ganze Zeit so zu leben, ist schwer und irgendwann fragt man sich, ob es überhaupt Sinn macht, nicht wahr? Und wenn es sich nicht ändert, gibt es für solche ungeliebte Menschen keine Alternative als selbst lieblos zu sein. Denn woher will man die Kraft zum Lieben schöpfen? Der Ursprung alles Bösen? So tief will ich hier gar nicht gehen.
Liebe ist für alle da
Haben Sie es gemerkt, dass wir bisher schon zumeist von irgendwie romantischer Liebe gesprochen haben? Na ja, außer der von Nachbarn. Da würde auch Respekt mal ausreichen. Wie dem auch sei.
Was meinten die Griechen eigentlich mit Liebe zu Freunden? Ich glaube, das ist ein Leichtes. Das sollte jede und jeder kennen. Und auch wenn es manchmal das Tollste im Leben ist, möchte ich hier von jeglichen faszinierenden Theorien absehen. Meistens verstehen es Außenstehende eh nicht, was zwischen zwei Freunden abgeht. Außer man versucht mitzufühlen. Wollen Sie es mal versuchen?
Bitte schön:
In meiner Jugend hatte ich mehrere Freunde. Wir hatten so viel Spaß – und manchmal Tränen – miteinander, dass es schwer in Worte zu fassen ist. Unsere Lebenswege trennten sich. Es vergingen Jahre. Manche sind gestorben. Manche sind für immer verschwunden. Manche traf man wieder und war nicht froh. Manch andere traf man wieder und war glücklich. Hatten Sie so ähnliche Erlebnisse? Stellen Sie sich mal vor, Sie bleiben in Kontakt mit solchen aus der zuletzt genannten „Kategorie“. Ihnen sind die Gespräche mit ihnen wie ein Balsam für die Seele. Die Erinnerungen lassen Sie manchmal mit einem glücklichen Grinsen erstarren – das sieht dann aus wie Schlaganfall im Orgasmus (sorry, hier ist nur für Erwachsene) – und lange Minuten wie verzaubert da sitzen, die Bilder „von damals“ vor dem inneren Auge sehen. Plötzlich erfahren Sie, dass dort, wo Ihre Freunde sind, Krieg ausbrach. Ihr Land wurde angegriffen. Ihre Freunde schicken Ihnen Fotos, wie sie mit ihren neugeborenen Babys im Bombenschutz sitzen. Ihre Mütter brechen zusammen wegen unaufhörlichem Stress – Sirenen, Elektrizitätsausfall, keine Telekommunikationsverbindung, Raketeneinschläge, Schüsse, in den Krieg eingezogenen Kinder. Wochen lang. Monate lang. Jahre lang. Ihre Freunde verlieren Jobs. Manche landen im Militär, manche warten „auf ihre Stunde“. Fühlen Sie mit? Wenn ja, dann wissen Sie, was Liebe zu Freunden ist. Wenn nein, dann laufen Sie die Gefahr, ein gefühlloser Depp zu werden – dies, übrigens, geschlechtsneutral.
Ist Depp eine Beleidigung? Keinesfalls! Erstens für wen? Sie sind doch ein empathischer Mensch! Zweitens schauen Sie doch in Duden, also die „Bibel“ der deutschen Sprache. Da finden Sie die Erklärung. Es handelt sich um Tollpatsch-Eigenschaft – und in diesem Kontext Tollpatsch zu Gefühlen und Bedürfnissen anderer Menschen. Aber keine Angst! Auch wenn Sie damit Probleme haben, werden Sie lernen, wie man es richtig macht – wenn andere mit Ihnen so umgehen. Sicher.
Höhepunkt
Nun, lassen wir das Tollste und schmerzhafte des Lebens. Bei Griechen gab es doch noch etwas. Ah ja, die Liebe der Eltern. Neulich habe ich von einem Menschen gehört „es gibt nichts stärkeres als Mutterliebe“. Ich kenne diese Stärke von beiden Elternteilen – im gleichen Ausmaß, und würde mit Sicherheit davon abraten, Väter abzutun. Sie haben sicher schon von Müttern gehört, die ihre Kinder in einer Mülltonne verlassen. Oder von Vätern, die sich unter die Räder schmeißen, um das Kind zu retten. Aber schon wieder bin ich hier in einem ernsthaften Ton. Das geht gar nicht! … wie kann ich so etwas mit Humor ausdrücken? Eine Mutter, die ihr Leben für ihr Kind opfert. Ein Vater, der sein Leben für sein Kind hingibt. Irgendwie unlustig. Viel lustiger ist es, wenn man die Momente des Lebens zusammenzählt, in welchen Eltern mal wieder geduldig sein mussten, wo sie weniger schlafen mussten, wo sie eigenes Essen abgaben, wo sie Kinder aus der Gefahr holten, wo sie verzeihen mussten – und wieder verzeihen, und wieder verzeihen, und wieder verzeihen…
Unmenschlich mit Vergnügen. Diese zwei Worte fallen mir ein, wenn ich an meine Eltern denke. Unmenschlich, weil Menschen, die keine eigenen Kinder haben, nie verstehen, was das bedeutet. Wie weit Eltern in ihrem Lieben gehen können. Diejenigen, die keine Kinder haben, sind mit ihrem „zu viel“ und „geht nicht“ so weit weg davon – Welten entfernt! So weit, dass sie es dorthin ohne Kinder nie schaffen. Es ist als ob die Kinder so etwas wie Coach für Profisportler wären. Die Sportler schaffen es alleine auch nie an die Spitze. Ohne Trainer gehen die an die Spitze der Verzweiflung. Mit Trainer gehen sie dorthin und weiter, und zwar mit einem Lächeln. So ist es auch mit Kiddies.
Und Vergnügen fällt mir dabei ein, weil ich es jedes Mal in den Augen meiner Eltern sah, nachdem ich sie geärgert hatte und sie es schon wieder mal mit dem schwierigen Kerlchen meistern mussten. Müde, ausgelaugt, überfordert und doch vergnügt. Kennen Sie das?
Menschen sagen „über Liebe ist es besser nicht zu sprechen“. Vielleicht haben sie Recht.
Eigentlich könnte man diesen Beitrag wieder mal mit einem mittlerweile gängigen Begriff wie Sustainability oder Nachhaltigkeit oder Umweltfreundlichkeit bezeichnen, doch irgendwie scheint es mir ein wenig festgefahren. Jetzt schon? Ja. Ein bisschen. Dennoch geht es hier heute um die Nachhaltigkeit, eventuell nur in einem etwas erweiterten Sinne.
Schon wieder Nachhaltigkeit?
Nun ja, warum nicht? Wie Sie sicher wissen, spricht man von Nachhaltigkeit dann, wenn man etwas macht, was auch für nachkommende Generationen von Menschen nicht schädlich oder im besten Fall sogar nützlich sein wird. Es ist also strategischer – das heißt langfristiger – Altruismus. Zumindest sollte es sich die Richtung bewegen. Ich hoffe, da sind wir uns einig. Ganz praktisch gesehen, handelt man nachhaltig, wenn man im privaten Umfeld beispielsweise weniger Verpackungsmüll produziert, Papier- oder Stoffbeutel kauft (können Sie auch bei mir), Kleidung seltener erwirbt, dafür darauf schaut, dass diese nachhaltig produziert wird (können Sie auch bei mir kaufen).
Man kann nachhaltig kochen und essen, man kann nachhaltig fahren, man kann nachhaltig wohnen. Das alles macht die Umwelt physisch besser, was weiteren Generationen das Leben und Ressourcen weniger versaut. Wenn Sie die Nachhaltigkeit auch im Geschäftsleben leben wollen, können Sie beispielsweise bessere Technik kaufen. Das bedeutet, Sie nutzen energieeffizientere Server und Laptops. Sie buchen Platz und Betreuung in ebensolchen Rechenzentren. Sie arbeiten mehr aus dem Home-Office (so muss das Büro nicht heizen, wenn es nicht heizen muss, logisch, oder?). Sie ermöglichen Ihren Kolleginnen und Kollegen schnellere und zuverlässigere Internetverbindung, bei welcher weniger Energie benötigt wird, um Datentransfer zu ermöglichen. So klappt auch die Wirtschaft besser. Schließlich können Sie auch bei Produktion auf umweltfreundliche Prozesse setzen. Da kann man viel tun. Und viele tun es jetzt zunehmend. Was hat man davon? Noch mehr als Sie denken. Allem Voraus atmen unsere Kinder eine sauberere Luft, Ozonschichtabbau verzögert sich, was weniger Überschwemmungen und generell weniger Klimaprobleme bedeutet. Das zahlt sich gewaltig aus.
Warum meckern so viele über die Nachhaltigkeit?
Wissen Sie, auch wenn ich kein Umweltökonomie-Professor bin, ist mir klar, dass die Umstellung auf eine nachhaltigere Lebensweise erst einmal viel Aufwand bedeuten kann. Und zwar nicht einmalig, sondern es erfordert viel Aufwand oft – wenn nicht durchgehend – und lange, sehr lange Zeit. Eventuell wird man mit der nachhaltigeren Art dann auch gar nicht mehr aufhören, eventuell werden die Aufwände mal ansteigen. Da jetzt sehr viel in Bewegung ist und auf Grund der Nachhaltigkeit viele Neuerungen und Änderungen kommen, wissen Menschen nicht, womit sie langfristig rechnen können oder müssen. Das ärgert. Darüber hinaus gibt es auf beiden Seiten – sowohl auf der Seite der Klima-Retter als auch auf der Seite der Klimawandel-Ignoranten – ziemlich viele Fehler, öffentlich wirksame Fehler.
Man kann es auch übertreiben
Auch wenn die Lage mit der Umwelt wirklich verzweifelnd ist und wirklich massiv Handlungsbedarf aufweist – global und allgemeinmenschlich, muss man adäquat bleiben. Eigentlich sollte man es auch dann, wenn man quasi wissenschaftlich fundiert die Ziele um Einiges höher schraubt als es realistisch möglich ist. Was bedeutet das in der Praxis? In der Praxis gibt es eine Menge an Dingen im Leben, die man außer der Nachhaltigkeit zu beachten hat. Hier einige wenige Beispiele:
Sie können nicht einem Vater oder einer Mutter mit kleinen Kindern das Verdienst schmälern, damit die Menschheit morgen besser atmen kann – die Familien brauchen das Geld jetzt.
Sie können nicht Wirtschaft in die Knien zwingen, ohne alternative Wirtschaft vorbereitet zu haben. In Deutschland beispielsweise hat es die Regierung sehr wohl glücklich geschafft! Die Regierung hat es geschafft, die Wirtschaft umzustellen. Ja, das sieht man jetzt noch nicht so richtig, weil es erst mit der Zeit sichtbar wird. Aber Elektrofahrzeuge sind da – eigenproduziert! Die können jetzt eine solide Reichweite, Fähigkeit zu hohen Geschwindigkeiten und Beschleunigung und sogar Prestige aufweisen. Die Infrastruktur für die Elektrofahrzeuge ist da. Die Technologien wie 5G und Glasfaser werden immer weiter ausgebaut. Alternative Quellen der Energieversorgung sind da – das Land ist nicht mehr so abhängig von Öl und Gas wie früher. Ja, es ist noch bei Weitem nicht perfekt, aber es ist auch nicht fertig, sondern Work in Progress.
Lassen wir jetzt mal das Beispiel Deutschland. Denken Sie an die globale Bewegung Friday for Future. An sich ist die Bewegung wirklich etwas, worauf man stolz sein sollte und was man schätzen und unterstützen sollte. Aber einen Tag weniger für Schulstoff geben, geht mit Sicherheit nach hinten los und dann jammert man schon wieder über jegliche Studien zum sinkenden Bildungsniveau.
Noch ein Beispiel wären die Beschädigungen der Fahrzeuge, weil es Benziner oder Diesel-Autos sind. Das ist bei manchen Protesten leider passiert. Was ändert das? Meiner Meinung nach ändert das nicht viel, und wenn, dann eher in die unerwünschte Richtung – es entstehen massive Gegenfronten und je aggressiver die eine Seite pusht, desto unlustiger wird auch die andere reagieren. Auf so einem Hintergrund werden irgendwann alle brav vergessen, dass das Ziel eigentlich Nachhaltigkeit ist.
Politisch über-penetrierte Menschen können sich so hineinsteigern in den Prozess des Widerstands, dass sie ihre eigentlichen Ziele aus den Augen verlieren. Stellen Sie sich mal eine Person vor, die einem Kollegen Streich spielt, damit er den Job verliert. Dann stellt diese Person ihre Freundin dem Chef vor, „weil sie für Gleichberechtigung der Geschlechter“ kämpft. Manche Menschen haben den Eindruck, dass es solche Vorfälle tatsächlich gibt. Inwiefern würde das der Geschlechtergleichberechtigung beitragen? Gar nicht. Im Gegenteil, auf Dauer würde es die Fronten so verhärten, dass eine Gleichberechtigung im Grunde überhaupt nicht möglich sein wird. Was möglich sein wird, ist ein bestialischer Kampf, in welchem es mit Sicherheit zu viele Opfer auf beiden Seiten geben wird. Sinn? In meinen Augen gibt es da genau Null Sinn – eine bescheidene Meinung des außenstehenden Betrachters.
Die Beispiele oben sind nicht abschließend, lassen jedoch vermuten, dass die Themen vielen Menschen ziemlich unangenehm werden können. Ist es nicht genau das Gegenteil dessen, was die Nachhaltigkeitsziele erreichen sollen? Oder reicht in etwa die eine Seite des politischen Spektrums, um die Umweltprobleme zu lösen?
Zu breit?
Sie sagen „okay, aber manche Gegenspieler werden es nie verstehen, sie stören nur, sie kann man nicht mit ins Boot holen“. Ja, womöglich haben Sie auch Recht, bei manchen ist es eher schwierig. Ganz besonders ist es dann schwierig, wenn politische Strömungen und Parteien, die sich früher als rechtspopulistisch, rechtsextrem, fremdenfeindlich und generell inakzeptabel gezeigt haben, plötzlich anfangen „Öko“ anzupreisen. Oder wenn eindeutig Nazi-nahe Gruppen, von „sozialer Gerechtigkeit“ sprechen, ist es wirklich schwierig.
Aber es ist nicht bei allen schwierig, die sich noch nicht als Nachhaltigkeit-Befürworter geoutet haben. Stellen Sie sich mal vor, um wie viel größer die Kraft und die gemeinsamen Erfolge sein könnten, wenn die angeblichen „Umwelt-Ignoranten“ dabei sind. Ist doch klasse, oder? In meinen Augen wäre das eindeutig klasse. Und genau weil es nicht viele so sehen, sind wir als Menschheit noch nicht da, wo wir sein sollten. Es sieht so aus, als ob man Polarisierung als Werkzeug etwas überschätzt. Nun ist es so wie es ist.
Positiv bei dem Ganzen ist jedoch, dass auch die richtigen Gegner Fehler machen. Meistens da, wo sie sich überschätzen. Aber das wissen Sie ja besser als ich.
CSR
Zum Abschluss möchte ich auf das Potenzial der Nachhaltigkeit hinweisen, welches für viele – aus mir unverständlichen Gründen – noch nicht klar ist. In der Wirtschaft bereits angekommen, schreibt das Konzept CSR (Corporate Social Responsibility) längst Erfolgsgeschichten. Es ist nicht möglich, jetzt im letzten Absatz eines kleinen Blogbeitrags, den Begriff CSR eingehend genug zu beleuchten. Daher kürze ich hier etwas ab, dehne jedoch den Inhalt des Begriffs auch auf das private Umfeld aus – nicht nur Wirtschaft.
Wenn Menschen an Nachhaltigkeit und Umwelt denken, denken Sie öfter eher an verschmutzte physische Umwelt, knappes Wasser, Global Warming, CO2 und vieles, was damit direkt zusammenhängt. Sie denken jedoch seltener an die sozialen Aspekte der Nachhaltigkeit – nicht so CSR. Und an der Stelle möchte ich Sie emotional mitnehmen.
Sie wollen doch nicht im Ernst Ihren Nachfahren eine von Diktatoren zerschmetterte Welt hinterlassen! Sie wollen doch nicht, dass Ihre Kinder Fremdenfeindlichkeit als Normalität oder Fest feiern, wie manche vor kurzem auf der Sylt. Seien Sie ehrlich: das ist Schande. Sie wollen doch nicht, dass Ihre Nachkommen, Leib-Eigentum irgendwelchen „halbgöttlichen“ Monarchinnen und Monarchen vorspielen müssen. Oder wollen Sie vielleicht, dass Ihre Kinder nie eine Chance haben aus dem von den Machthabern geplanten Szenario auszubrechen, weil „die Partei“ es so wollte – oder der „Sekretär“? Ist Ihnen überhaupt bewusst, in was für einer Katastrophe Ihre Kinder landen können, wenn Sie da nichts unternehmen?
Glauben Sie bitte nicht, dass Geld und „connections“ alles ist, was das Leben retten kann. Es gibt genug Fälle, die das Gegenteil bewiesen haben.
Nachhaltigkeit heißt auch soziales Miteinander, voller gegenseitiger Achtung. Sie können nicht Menschen abstempelt, ausschließen, sie als „zweite Wahl“ in die Tonne treten – das wird für Sie schief gehen. Garantiert. Mehr als das. Wenn Sie sich aus irgendeinem Grund berechtigt fühlen, Rechte der Menschen zu brechen, weil sie anders sind – ob sie Frauen, Männer, Kinder, Geflüchtete, Menschen mit Migrationshintergrund, Menschen mit einer anderen Hautfarbe, Menschen einer anderen ethnischen Abstammung, Menschen mit einer anderen Religion oder ohne, Menschen mit Behinderung oder sonst etwas sind –, sollten Sie sich um Ihre Zukunft fürchten. Bitte lesen Sie diesen Satz ggf. nochmals durch. Und nochmals.
Wir wissen und verstehen als erwachsene Menschen alle, dass „andere“ – fremde wie eigene gleich – gefährlich sein können, doch bevor Sie jemanden als Gefahr abstempeln, müssen Sie die Rechte achten und nicht umgekehrt, Rechte brechen, um Gefahr zu kreieren.
Und jetzt kommt die wichtigste Frage: praktizieren Sie es auch so? Wenn nicht, ist Ihre Nachhaltigkeit leider asozial und ehrlich gesagt auch dumm. Denn für wen machen Sie das?
Als ein Mensch, der gerne anderen zuhört, habe ich in den letzten Jahren viele Eindrücke gesammelt. Sehr beeindruckend finde ich besonders zwei Denkweisen. Die eine geht davon aus, dass „nur“ ihre Vorfahren besonders waren – ethisch, nobel, adel, wie auch immer. Die andere schaut so ähnlich und wirklich wie mit Lupe und mit Schoren auf ihre jetzige soziale Umgebung – nur ihre Ethnie, nur ihre Religion, nur ihre Nation, nur ihr Verein, nur ihr Geschlecht, nur ihre …. Als ob sie den größten Teil der Weltbevölkerung ausmachten. Niemand von ihnen macht den größten Teil der Weltbevölkerung aus. Wissen Sie, wenn Sie mal etwas Gutes für die frische Luft machen, machen Sie das auch für andere soziale Gruppen – ob Sie das wollen oder nicht. Und die anderen tun dasselbe für Sie. Oder sollen die anderen Ihnen mal eine Rechnung stellen?
Worauf ich hinaus will, ist wie absurd die Abschottung ist, vor allem aus der Perspektive der Nachhaltigkeit. Zusammen geht es besser.
Allem voraus will ich sagen, dass ich das eigentliche Yoga toll finde. Nur so, damit Sie beim Durchlesen keine Zweifel haben. Das Problem ist nur: was ist das eigentliche Yoga? 😀 Und warum Un-Yoga? Interessiert? Dann mal los.
Was ist Yoga?
Wahrscheinlich erwarten Sie, dass ich hier die Geschichte über die indischen Yogis der Antike – nochmals – schreibe, nachdem es schon Tausende geschrieben haben. Das tue ich nicht. Ich weiß, man tut sich schwer, herauszufinden, was in der Geschichte wirklich wahr ist. Das betrifft alles, was vor langer Zeit stattgefunden haben soll – nicht nur Yoga. Daher ist es besser, hierzu die studierten Historikerinnen und Historiker zu befragen. Worum es mir geht, ist etwas anderes. Ja, es ist nicht ganz unwichtig, im Hinterkopf zu behalten, dass die alten indischen Yogis physisch gesunde Menschen mit starken mentalen Fähigkeiten waren. Auch ist es wichtig darüber nachzudenken, dass es in alten Zeiten gar nicht so viele Yogis gab – es sah also etwas anderes aus als die vollen Studios heute, die es an jedem Eck gibt. Auch die Yogis sahen wahrscheinlich oft anders aus als die jetzigen.
Teilweise liegt es daran, dass es tatsächlich viele Yoga-Schulen auch früher schon gab – habe ich mal gelesen. Die einen kümmerten sich eher um physische Fertigkeiten, wie beispielsweise Dehnung, Ausdauer, Kraft. Die anderen fanden die „spirituellen“ Techniken ganz wichtig und beschäftigten sich mit unterschiedlichsten Arten von Meditation. Die einen vertieften die eine Seite der Yoga-Lehren, die anderen eine andere. So ist es auch heute. Nur dass es heute auch eine Menge Menschen gibt, die es als Lifestyle, Freizeitvertreib betreiben oder sich wohl in entsprechenden sozialen Kreisen fühlen. Ihnen geht es nicht so sehr um die Selbst-Entwicklung.
Deswegen ist es schwer zu sagen, was die eigentliche Yoga-Lehre oder -Praxis ist. Toll finde ich die Selbst-Entwicklung. Das macht Menschen fit und hilft ihnen praktisch im Leben. Nicht toll finde ich „Pudelwohl-Gesellschaft“ (weiter unten finden Sie mehr dazu). Nicht toll finde ich, wenn tolle Ideen zu purem Marktgeschehen oder Politikinstrumenten degradieren. Nicht toll finde ich, wenn alte Techniken so idealisiert werden, dass man glaubt, im Altertum waren die Leute fortgeschrittener als die heutige Wissenschaft. Und nicht toll finde ich, wenn tolle Dinge zu Labels verkommen, hinter welchen nichts mehr zu finden ist. Ich weiß nicht, ob Sie wirklich wissen wollen, was genau ich damit meine. Deswegen führe ich ein wenig aus.
Yoga ist Selbst-Entwicklung
Ich als ein Kind der 1980er und 1990er Jahre habe zum Thema Selbst-Entwicklung mehr mitbekommen als es nötig war. Die einen trieben Sport wie wahnsinnig, die anderen lasen viele Bücher – seltene, „geheime“, alte Bücher, in unterschiedlichen Sprachen und suchten nach Möglichkeiten der Selbst-Entwicklung. Es gab Zeiten, da waren Buddhisten und Anhänger von Krishna, die allen die Wege zur Perfektion und Nirwana erklärten. Macht verlierende Kirchen strengten sich an, Menschen vor Wertezerfall zu retten und ihnen doch das Gute vom Christentum für ihre Selbst-Entwicklung zu geben – so hat man das wenigstens kommuniziert. Dann kamen die ganzen Gurus der Finanzwelt und erzählten, wie wichtig es ist, reich zu werden und ihre Bücher zu kaufen. Sie begeisterten das Publikum nicht schlechter als all die religiösen Gurus. Die Welt änderte sich drumherum. Verkaufen wurde zu einer Religion. Dann wurden Finanzen zu einer. Dann wurde zu einer die IT. Und alle priesen ihre Welten so begeistert an – ein prächtiges Theaterspiel. Ebensolche Eindrücke hatte man auch von Yoga-Begeisterten. Die letzteren zeigten Menschen, wie man Herzrhythmusänderung erreicht, sie zeigten, wie toll man sich fühlen kann, wenn man meditiert und wie zufrieden, ausgeglichen und „harmonisch“ man dann mit der Umgebung leben kann. Sie zeigten auch, was für tolle Dinge man entdecken kann, wenn man stillhält und dem eigenen Inneren genug Aufmerksamkeit schenkt (geht auch ohne Yoga – lesen Sie dazu meinen Beitrag „Lineart“). Kurzum: sie zeigten fast alles, was die verzweifelten Kirchen davor auch schon gemacht haben. Sorry, nicht ganz. Dehnung war schon neu. Da ging es auch um Schmerz aushalten und dabei emotional neutral sein. Na ja, das war auch bei Christen so. Hin oder her, die Selbst-Entwicklung hat sichtlich geholfen, den einen in der Sporthalle, den anderen in eigenen Finanzen, den Dritten auf einer Yoga-Matte.
Labels
Wie es immer so ist mit Dingen, hinter welchen alle laufen, sammelten sich Menschenkreise und fanden es toll, zuzusehen, ein bisschen mitzumachen, auch mal als Yogi bezeichnet zu werden – voller Stolz. So ungefähr wie die „Boxer“, die niemals in einem Wettkampf waren. Oder mit modernerer Sprache: wie „Hacker“, die noch nie ein eigenes Programm geschrieben haben. Oder wie „Gangster“, die noch nie kriminell waren. „Prinzessinnen“, die immer vor Machtkämpfen geschont blieben. So etwas ist abstoßend, lächerlich, aber zutiefst menschlich und passiert wirklich immer und wieder. In jeder Generation erscheinen immer und wieder Menschen, die ein Label tragen, hinter welchem man nicht das findet, was man im „Normalfall“ erwarten würde. Manche sagen dazu „man soll lieber echt bleiben“, „sei du selbst“ oder so ähnlich. Und sie haben, denke ich, Recht, auch wenn wir Menschen uns ständig ändern.
Faszination Altertum
Haben Sie noch nie jemanden getroffen, der oder die eine übertriebene Begeisterung fürs Altertum zeigte? Ich schon. Das sind Menschen, die oft von „unerklärbaren“ Bauweisen der ägyptischen Pyramiden sprechen oder von UFO-Zeichen in Hieroglyphen oder von „spirituellem Wissen“ oder von fehlerfreier Ernährung nach Ayurveda. Da gibt es viele Beispiele. Es ist wirklich spannend, sich mal mit den sie so faszinierenden Themen zu befassen. Doch je mehr Wissen – vor allem im modernen Sinne – man sammelt, desto unerklärlicher wird die Faszination fürs Alte. Manche Dinge, die früher so faszinierend erschienen, entpuppen sich als völlig banal. So banal, dass man es nicht glauben möchte. Der ganze Zauber-Effekt geht dabei verloren – schade, aber vielleicht ist es auch gut so?
„Spirituelle“ Menschen haben früher geglaubt, dass man kranke Menschen nicht operieren darf. Wollen wir uns wirklich an so einem Glauben festklammern? Ebenso „spirituelle“ Menschen haben früher geglaubt, dass ihnen Armut als Schicksal unausweichlich vorgeschrieben ist, wenn sie in entsprechenden Kasten geboren waren. Ist dies etwas, was im Altertum „besser“ war? Bestimmt nicht weniger „geistlich“ waren die, die glaubten, dass Monarchen so sehr „gesalbt von Gott“ waren, dass man ihnen buchstäblich alles erlauben solle. Ich hoffe, Sie sehen, dass früher nicht alles besser war. Es ist erschreckend, wenn jemand beispielsweise versucht, alte Ernährungslehren wie Ayurveda als fortschrittlicher zu verkaufen als die moderne Wissenschaft ist. Gemeint ist dabei die Wissenschaft, die nicht nur Verhalten beobachtet, sondern ganz viel mit Chemie, Physik und Biologie arbeitet, und zwar auf dem Niveau, welches im Altertum nicht mal denkbar war. Es ist erschreckend. Man soll jedoch wohl merken, dass nicht Ayurveda als ein historisches Denkmal menschlicher Bemühungen um gesunden Lebenswandel, sondern die Idealisierung zum Schreck führt. Doch der Schreck ist da.
Marktgeschehen und Politikinstrumente
Vermutlich merken Sie es genauso wie ich. Da, wo Menschen fasziniert sind und sich in Mengen tummeln, ist auch die wirtschaftliche Nachfrage hoch. Es gibt in Wirtschaftswissenschaften genug Theorien, die es erklären. Wenn Sie nicht auf Theorien stehen, müssen Sie sich nur ein paar Beispiele aus der Praxis greifen und nochmals vor Augen führen: Apple mit seiner Kult-Marke, deutsche Autos (ja, ich weiß, es gibt objektiv gute Qualität – auch), Yoga. Nehmen Sie es mir nicht übel. Es ist nicht die Selbst-Entwicklung, die ich hier meine. Auch nicht die indische Tradition und Geschichte. Was ich hier meine, ist die Nachfrage nach Yoga-Kursen, Yoga-Studios, Yoga-Leggins (können Sie auch bei mir kaufen), Yoga-Matten, Yoga-Gurus, Yoga-Musik und vielem mehr, was zu diesem Markt (Geschehen um Angebot und Nachfrage) gehört. Ist es schlecht, dass Yoga auch ein Markt ist? Nein. Was ich persönlich nicht mag, ist, wenn es mehr Markt ist als etwas, was Menschen nützt. Ein Beispiel? Bitte sehr. Frau X leidet an Zuckerkrankheit. Ihre Freundin erzählt ihr voller Begeisterung über den Guru Y, der „schon mehrere geheilt hat“. Frau X geht voller Hoffnung zu Guru Y. Guru Y nimmt selbstverständlich Geld für seine Leistungen – er arbeitet ja. Frau X ist glücklich und wird seine Markenbotschafterin. Es vergehen Jahre. Nur eines ist dabei ein Problem – sie ist immer noch zuckerkrank und spritzt mittlerweile auch Insulin. Kein realistisches Beispiel? Doch. Denn wo es Nachfrage gibt, gibt es auch Angebot, und das Angebot wird auch mal von Betrügern unterbreitet. Nicht wahr?
Und so kämpfen die Gurus mit ihren Wettbewerbern aus anderen Sportarten und Religionen – um Sie und um mich. Das ist ein normales Marktgeschehen. Schade ist nur, dass diese ganzen Anbieterinnen und Anbieter oft so hochmoralisch tun, um ihr Geld zu verdienen. „Aber doch nicht mein Guru…“ sagen Sie? Ich kenne Ihren Guru nicht. Was ich aber sicher weiß, ist die Tatsache, dass es keine perfekten Menschen gibt – alle machen Fehler, haben unvollkommenes Wissen und können bei Weitem nicht alles. Sie wissen besser, ob Ihr Guru sich auch so positioniert.
Als ob es nicht reicht, kommt auch Politik ins Spiel. Das ist übrigens kein Wunder. In der Politik sitzen Menschen, die Nachfrage im Markt kennen und für sich nutzen. Wenn sie es nicht tun, sind sie einfach nur dumm. Entschuldigen Sie die emotionale Meinungsäußerung. Was ich damit meine, ist, dass Yoga offensichtlich auch für politische Zwecke eingesetzt wurde. Ich urteile hier nicht, ob es gut oder schlecht war. Denken Sie an Gandhi. Das ist ein Beispiel der Anwendung. Denken Sie an Kastenwesen. Das ist ein anderes Beispiel. Es war mit anderen Religionen oder Selbst-Entwicklungskonzepten nicht anders. Da ist einfach etwas, was fasziniert, Menschen anzieht, sie in Scharren um sich herum sammelt, sie vereinigt. Und diese Nachfrage nutzt man in der Politik auch heute.
Was macht die Politik heute mit Yoga? Um ehrlich zu sein, beobachte ich es nicht. Aber stellen Sie sich mal ein hypothetisches Szenario vor, wie folgt:
Stellen Sie sich vor, dass die Hälfte Ihrer Landsleute mehr Vertrauen in beispielsweise chinesische Gurus hat (tja, Yoga ist halt nicht deutsch, und nein, auch nicht arisch – und auch nicht chinesisch:)) als in die Selbst- Entwicklungsspezialisten, die sich eher Ihnen verpflichtet fühlen als der chinesischen Regierung. An sich nicht unbedingt schlecht. Dann stellen Sie sich vor, dass die chinesische Regierung (ist nur ein fiktives Beispiel!) bestimmte Gurus nutzt, um bestimmte Propaganda-Elemente in die Gemüter zu pflanzen – Jahre lang. Und dann plötzlich kommt es zu einer absolut abgefahrenen Lage, in der die chinesische Regierung offiziell erklärt, Ihr Land als „ursprünglich chinesisch“ annektieren zu wollen. Die Hälfte Ihres Landes tobt in Wut und die andere Hälfte „sieht die Rettung kommen“.
Wissen Sie, ich habe auch geglaubt, so ein krankes Szenario eher etwas aus Science-Fiction ist, doch es gibt Beispiele mit anderen Ländern, wo sehr ähnliche Vorkommnisse – mit spirituellen Gurus – beobachtet wurden. Ja, in der jüngsten Vergangenheit und Sie werden es nicht glauben, das war gar nicht so weit von hier. Krass.
Ich möchte hier um Vorsicht bitten. Ich bin nicht politisch rechts. Auch gehöre ich nicht zu Protektionisten. Ich halte Weltoffenheit für grundsätzlich richtig. Und für mich haben alle Menschen grundsätzlich gleiche Rechte. Auch bin ich dafür, von anderen zu lernen und nicht immer das Eigene in den Vordergrund zu stellen.
Was ich hier meine, ist, dass man Naivität verlieren sollte. Naive Zeiten scheinen leider vorbei zu sein. Im Kontext von Yoga heißt es, dass man „das eigentliche Yoga“ keinesfalls abtun, aber den politischen Missbrauch hinter „Yoga“ auch nicht ausschließen sollte. Und noch einmal: das gilt nicht nur für Yoga, sondern für alle Konzepte der Selbst-Entwicklung – ausländische wie einheimische. Muss also gar nicht „spirituell“ sein.
Pudelwohl-Gesellschaft
Es ist schwer, sich von Wohlstand zu trennen. Es ist schwer, sogar den Gedanken zu akzeptieren, dass „fette Jahre“ vorbei sind. Und es ist genauso schwer, sich aus dem „Pudelwohl“-Modus zu verabschieden. Was sehen Sie, wenn Sie die heutige Welt anschauen? Ihre Medien? Ihre Umgebung? Menschen? Ich sehe Angst. Ganz viel davon. Die einen haben Angst, nicht wieder in die wirtschaftliche Führung zu kommen und dementsprechend ihre Standards und Anerkennung einbüßen zu müssen. Die anderen haben Angst, ihr Hab und Gut zu verlieren. Die Dritten haben Angst vor Unbekanntem und versuchen sich, abzusondern und abzukapseln – ein ganz schweres Unterfangen in der modernen Welt. Die Vierten haben Angst vor Krieg und knien vor Diktatoren nieder, um „wenigstens stabil leben zu können und zu wissen, was auf sie morgen zukommt“ (sie werden es leider auch dann nicht wissen, wenn sie versklavt sind – aber wer bin ich schon, um es ihnen zu sagen). Die Fünften haben Angst vor Veränderungen. Und so weiter. Panik. Ich sehe ganz viel Panik. Wenn man Angst hat, kommt man nur sehr ungern aus der „Muschel“, nicht wahr?
Ganz besonders ungern wird man jegliche Risiken eingehen, wenn man es gewohnt ist, die meiste Zeit „in Harmonie“ zu verbringen. Die Harmonie ist da, wo man sich wohlfühlt, wo es so förderlich und therapeutisch wirkt, wo man „Zuhause“ ist. Dies ist etwas, was Yoga (das eigentliche) sehr gern gibt und was Menschen umso mehr nehmen wollen, umso mehr sie davon bekommen. Ja, wie Junkies. Und umso mehr man davon hat, umso normaler es erscheint – man merkt dann auch nicht, wie man alles feindlich ansieht, was eine oder einen „aus der Balance“ bringt. Ich möchte hier nicht diskutieren, warum das sogar an sich nicht gut ist. Ich möchte lediglich darauf hinweisen, dass die Zeiten, in welchen wir leben, nicht mehr dazu passen. Ja, das ist nur meine bescheidene Meinung. Sie wissen bestimmt besser, wie es in Ihrem Leben ausschaut.
Doch wenn Sie Ähnlichkeiten in Ihren und meinen Weltbildern entdecken und gewohnt sind, in der (!) Muschel zu sitzen, dann gehen Sie bitte daraus möglichst schnell. Tun Sie es jetzt. Just in case. Zurück können Sie – dank dem eigentlichen Yoga – immer. Möge dieses Bild für Sie eine Erinnerung daran sein.
Der heutige Beitrag geht nochmals auf das Thema mit Gedichten ein. Ich bin mir nicht sicher, ob es sinnvoll ist, zu jedem kleinen Gedicht einen relativ langen Beitrag zu schreiben, möchte daher mit diesem Beitrag mehrere Designs mit Gedichten veröffentlichen und somit das angefangene Thema Gedicht ergänzen. Darüber hinaus weiß man nicht immer, ob alle Leserinnen und Leser den gleichen Humor haben und das zuletzt veröffentlichte Design mit deutlich hervortretendem Wort „DICHT“ mögen.
Daher kommen dieses Mal auch ein paar ernsthafte Kurzgedichte auf Designs. Na ja, ernsthaft oder wie auch immer man es eben wahrnimmt.
Trau Dich
Darum geht es bei dem ersten Kurzgedicht, welches hier zu sehen ist.
Ich lasse es ohne lange Ausführungen. Vielleicht ist es sogar besser so.
Fühle mit
Bei dem nächsten Kurzgedicht – ja, wirklich, man kann es als ein Gedicht sehen – handelt es sich um Mitgefühl, Mitleid, Mit-Erleben. Sogar mehr: es ist ein Aufruf, eine Herausforderung oder sogar ein Programm (um es mal mit modernen NLP-Begriffen zu nennen). Die heutige Welt pocht viel zu viel auf eigenem Ego. Daher soll sie fühlen. Und zwar genau das… An dieser Stelle denken Sie sich bitte selbst, was. Vermutlich hat jede und jeder etwas erlebt, was die anderen in ihrem Erfahrungsschatz nicht haben.
Feuer
Das dritte Kurzgedicht ist gefährlich. Wenn man es mit einer Prise Humor nimmt, kann es sarkastisch klingen. Wenn man es ernst nimmt, kann es viel bedeuten. Entscheiden Sie selbst, wie Sie das nehmen. Ich bringe es in einem Design auf unterschiedliche Produkte. Wenn Sie es sarkastisch wollen, kaufen Sie sich doch eine Unterhose mit dem Gedicht! 🙂 Warum nicht? Wenn Sie es allerdings ernst nehmen – nur bitte nicht zu ernst – und sich zufällig auch noch ein wenig Text dazu wünschen, dann bitte sehr:
Das Feuer. Manche religiöse oder esoterisch begeisterte Menschen machen daraus eines der grundlegenden Elemente des Universums und der Spiritualität – was auch immer sie mit dem letzteren meinen. Um es nicht zu übertreiben, lasse ich es hier eher nicht religiös bleiben. Das Feuer – in der Physik auch als Hitze bekannt – ist praktisch zu betrachtender Zerfall chemischer Verbindungen. Chemische Reaktionen im Progress, so zu sagen. Für mich ist es so spannend und faszinierend, dass man diesen farbintensiven, dynamischen Prozess live beobachten kann und es wie gebannt genießen, dass es keiner Esoterik bedarf. Das Feuer macht Altes zunichte. Und die Natur kümmert sich dann, so zu sagen, ums „Recyceln“. Ist das nicht cool? Ich denke, das ist cool. Doch cool ist es nur, wenn man als Außenstehende oder Außenstehender unbeeinflusst beobachtet. Viel schwerer, die eigentlich wirklich vorliegende Coolness zu sehen, wenn man brennt. Nicht wahr?
Das Feuer kann richtig wehtun, es kann komplett zerstören. Für immer. Es ist da und niemand kann was dagegen tun. Löscht man es an einer Stelle, zündet die Hitze wo anders etwas an – so ist die Natur. Esoteriker dichten dabei oft, dass die Natur das Unvollkommene löscht oder „Gott jemanden bestraft“. Ich glaub viel eher, dass wer brennt, auch vom Zufall bestimmt werden kann. Besonders lehrhaft ist es für uns Menschen, wenn die brennen, die allen „Regeln“ nach nicht brennen sollten oder könnten, sowie umgekehrt, wenn die nicht brennen, die längst zu Asche geworden sein sollten. So etwas kann einen nicht kalt lassen. Und genau das soll das Gedicht ansprechen, genau auf die Gedanken bringen, genau auf den Moment, wo man – getroffen durch die unverstandene Natur, zumindest in Gedanken – innehält, als ob vor einer unendlich weiten und tiefen Kluft. Man hält inne und starrt das Feuer an.
Man kann das Feuer nicht vermeiden. Man kann davon nicht fliehen und sich auch nicht verstecken. Vielleicht ist es auch gar nicht schlimm, so etwas sarkastisch zu nehmen, sonst klingt es alles so pathetisch?
Wie auch immer. Wenn Sie genauso einen kantigen Verstand haben, wie ich, werden Sie unbedingt merken und sehr unzufrieden nachfragen, warum das Feuer im Gedicht rot ist. Das Feuer ist doch niemals rot. Es ist orange oder gelb oder blau oder man sieht es gar nicht, aber rot? Nö. Und wissen Sie was? Sie haben völlig Recht. Es lässt sich so nur besser reimen. So, jetzt habe ich Sie vom Ernst der Lage abgelenkt. Aber das Gedicht an sich ist nicht schlecht, oder? Wenn ja, dann viel Spaß beim Tragen.
Haben Sie auch den Eindruck, dass Gedichte und insgesamt die Poesie heute irgendwie fehl am Platz ist? Dass man damit kein Geld verdienen kann? Ich habe diesen Eindruck. Wo findet man heute die Gedichte? Selten kauft sich jemand ein älteres Werk, einen Klassiker wie Goethe oder Shakespeare, oder vielleicht auch mal Puschkin oder sogar Schewtschenko (nein, nicht den Fußballspieler). Die Zeiten, in welchen solche Werke das Publikum im Atem hielten, sind eigentlich vorbei. So empfinde ich das zumindest. Ja, es gibt sicher auch moderne, zeitgenössische Dichter. Und ihre Werke kann man sicher finden, in Bibliotheken, in manchen Buchhandlungen (eher auf Bestellung), in Internetshops. Doch im Vergleich zu Mainstream-Literatur sind die Gedichte eigentlich am Aussterben. Die machen einen so unbeachtlichen Prozentsatz im Markt-Sortiment aus, dass es einem fast wehtut. Die sind zu einem Special-Interest Produkt geworden. Diese sind in der Regel sehr wenige, weil es wenig Nachfrage gibt. Dazu kommt noch, dass die Preise für solche Literatur eigentlich schmerzhaft niedrig sind. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Dichter heute davon leben können. Was sagt es eigentlich aus, wenn die Preise für ein Produkt sehr niedrig sind und das Produkt weniger Nachfragende hat? Das heißt vor allem eines, nämlich dass man den Wert in solchen Produkten nicht mehr sieht. Den heutigen Beitrag und das Design möchte ich genau diesem Problem widmen.
Was ist ein Gedicht
Ich glaube, wir sind uns alle darüber einig, dass ich kein Literatur-Professor bin und ich werde daher keine eigenen Definitionen von Gedicht schreiben. Die meisten verstehen darunter einen Text, der eine gereimte Geschichte erzählt. Eigentlich muss nicht mal der Reim da sein – es gibt Gedichte, die so aussehen, als ob jemand es einfach ganz normal daher erzählte, umgangssprachlich. Gedichte sind selten mit juristischen Texten zu vergleichen, man sieht sie eher als Gegenteil davon, frei. Man muss bei einem Gedicht nicht mal Sprachregeln wie Grammatik beachten. Man muss in einem Gedicht nicht das sagen, was man dann auch noch mit Taten oder Beweisen belegen kann oder muss. Man sollte sich beim Dichten lediglich im gesetzlich erlaubten Rahmen bewegen, was so viel heißt, dass man beispielsweise keine politische Hetze treiben soll, keine üble Nachrede, keine Beleidigungen hin dichten und so weiter. Übrigens, Dichter haben es mit den Gesetzen nicht immer so ernst genommen. Wenn sie von jemandem „Arschloch“ dachten, schrieben sie es auch so hin. Es sind dann eher die Redaktoren in Verlagen, die ihnen doch alternative Ausdrucksweise ans Herz legten.
Was ist der Wert von Gedichten
Die Gedichte sind, so zu sagen, ein künstlerischer Ausdruck der Gefühlswelt, der Erlebniswelt, der Wahrnehmungswelt von Menschen. Die bringen einen zum Nachdenken, zum Mitfühlen, begeistern einen mit einem gelungenen Reim, lassen sich sogar wie ein „Meme“ merken und wie ein Ohrwurm begleiten sie einen durch den Tag. Die können manchmal wie eine Wahrnehmungsbrille dienen. Und es ist spannend die Welt dadurch zu sehen. Sehr oft erzählen Gedichte von starken Gefühlen, von Liebe, die so stark sein kann, dass einem Atem wegbleibt, von Schmerzen, die einen erstarren lassen, von Ungerechtigkeit, von Hass, von Freude und Neugier. Die Gedichte lassen die Menschen diese Gefühle nachempfinden. Es ist wohl offensichtlich, dass die Gedichte einen hohen Wert haben. Sie haben es genauso wie ein guter Film im Kino.
Wo findet man heute die Gedichte, die nachgefragt werden?
Der oben erwähnte Eindruck, dass die Gedichte aus unserem Leben verschwunden sind, täuscht. Denken Sie mal kurz an populäre Musik. Ich meine jetzt die Musik, wo Menschen auch singen. Jedes Lied ist ein Gedicht. Und damit Sie auch wirklich den Text hervorgehoben sehen, denken Sie an Rap oder Hiphop. Ja, diese Gangster-ähnliche Gestalten im Fernseher erzählen manchmal ziemlich interessante und dramatische Gedichte und manche tun das wirklich meisterhaft. Diese Art der Musik genießt eine hohe Nachfrage.
Eine andere, moderne Art der Dichterkunst, die leider wenig nachgefragt wird, ist Poetry Slam. Falls Sie nicht wissen, was das ist: Dichter versammeln sich auf einem Event (eher live als online) und lesen ihre Gedichte vor – eigentlich läuft es sogar als Wettbewerb ab. Die Gedichte, die man da mitbekommt, sind in aller Regel um Einiges tiefsinniger, länger und in einem sehr fein ausgearbeiteten Sprachstil gehalten. Ein Hiphop Song würde dafür nicht genug Zeit bieten.
Und ansonsten findet man die Gedichte nur im Privatumfeld. Jemand schreibt an seine Freundin, weil er verliebt ist. Jemand schreibt für seine Heimat, die gerade unter Raketenbeschuss steht. Jemand schreibt über Gedanken und Erlebnisse, die zutiefst bewegen. Aber dann war’s das wohl…
Wenn Dichter früher die ganzen Gesellschaften und Zeitgeister bewegten, schreiben sie heute entweder für Rap eine ziemlich abgespeckte Meme-Kunst oder eher etwas fürs stille Kämmerchen und erlesene Genießer.
Schon wieder Artificial Intelligence?
Und als ob es nicht genug wäre, kommt jetzt auch noch die hochgelobte Künstliche Intelligenz ins Spiel – sie kann es heute wohl auch. Hier können Sie mal ein paar Beispiele für Tools finden. Probieren Sie es mal ruhig aus. Ich habe es ausprobiert. Erst einmal war ich natürlich begeistert, dass die KI so etwas überhaupt kann. Doch mit einigen mehreren Tests wurde mir klar, dass die Muster, die das Tool verwendet, immer fast dieselben bleiben. Um es mit technischer Sprache auszudrücken, könnte man sagen: die Trainingsdaten sind noch zu wenige gewesen. Eine Maschine – sei sie auch so „intelligent“ – handelt nach Regeln, die sie sich aus den sich wiederholenden Abläufen merkt und zu den so genannten Prompts zuordnet, und zwar genauso, wie es ihr von den Programmierern vorgegeben wird. Diese Maschine nimmt die Welt nicht auf allen Kanälen – bewusst und unbewusst – wahr. Diese Maschine verarbeitet die Eindrücke und Erfahrungen mit Sicherheit nicht emotional. Diese Maschine verwendet nicht mal alle Lernmethoden, die ein menschliches Gehirn kann – und auch tut sie die Welt nicht nach denselben Regeln erkennen. Sie kann es einfach nicht. Daher wird sie die Dichter auch nicht ersetzen. Sie dichten wohl zu individuell, zu tiefgründig, zu komplex, zu alternativ. Doch natürlich tun sie das nicht so schnell wie eine Maschine – das ist streng genommen, ihr größter Vorteil.
Wo ist das Problem?
Nun, ist das Problem wahrscheinlich nicht in AI. Auch scheint es nicht so sehr an angeblich fehlendem Wert von Gedichten zu liegen. Es liegt eher an technologischen Entwicklung der Welt – glaube ich. Menschen lesen heute so viel – in ihrer Arbeit, in der Presse, in irgendwelchen Unterlagen und Verträgen und AGB’s –, dass sie ganz einfach lesefaul, oder sogar lese-müde geworden sind. Hören und sehen ist einfacher. Man kann sich ein Youtube-Video reinziehen oder ein Podcast anhören. Doch warum werden da nicht so viele Gedichte angeboten? Eventuell fehlt bei puren Gedichten der mittlerweile so gewöhnlich gewordene Spaßfaktor, den die Überreizung der heutigen TV-, Radio- und Internet-Angebote bieten. „Nur der Content“ ist langweilig geworden. Menschen bilden sich ein, so viel zu wissen – die sind doch modern und gebildet –, dass sie auf tiefe Erlebnisse und komplexe Erklärungen von anderen gar nicht hören wollen. Wie arrogant. Wie schade. Traurig. Hoffentlich wird man wenigstens bei dem Design lächeln.
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