Hurra, hurra, der Herbst ist da

Es hat sich was geändert. Noch vor einigen Tagen schien die Sonne, es war so heiß, dass wir uns im Schatten versteckten, Sonnencreme anwandten und schwitzten. Jetzt ist es anders. Herbst ist da – eine atemberaubende, wunderschöne, verblüffend unterschiedliche, zunehmend kalte, erfrischende Zeit. Eine Zeit der Farbkontraste. Eine Zeit des klaren Himmels. Eine Zeit des Dunklen und des Goldenen. Hurra.

Goldene Jahreszeit

Die Jahreszeit Herbst ist vieles, aber vor allem ist sie intensiv. Als ob sie der Inbegriff der Veränderung selbst wäre. Schauen Sie doch. In den ersten Tagen sieht man noch die Schönheit, die uns vom Sommer zurückgeblieben war, aber es wird kälter und dunkler. Regen wird zu einem häufigen Tagesbegleiter. D ie Verstimmung. Dann kommt die Zeit der abfallenden Blätter. Alle Bäume verkleiden sich langsam gelb, dann braun und rot – wunderschön! Laub in all den Farben verfärbt zunehmend Gras und Straßen. Bei dem intensiven Farbenspiel wird jeder Tag besonders – einmal sonnig und frisch, mit einem stechend klaren Himmel, ein anders mal Regenfall, der alles wie ein Aquarellbild vermischt.

Es weht ein kalter Wind

Der Herbst bringt die Veränderungen. Und, wie alles in der Natur, hat auch der Herbst für uns beides parat, das Angenehme und das Unangenehme. Ein wenig kommt es vor, als ob die Natur die Linien zwischen Gut und Böse etwas verschwommen darstellen möchte, als ob sie uns sagen möchte, dass nicht alles immer so einfach ist. Die Veränderungen im Klima, von welchen wir sicherlich alle in den letzten Jahren so viel gehört haben, lassen grüßen – Kontraste bei Jahreszeitwechsel können sich krasser anfühlen. Das Wetter spielt verrückt. Bundesämter und Landesämter warnen vor Katastrophen – Überflutungen, Schneewarnungen, Hagel, Windböen, … Die Natur fegt so richtig durch die Gegend. Dabei können wir weniger von Schönheit reden, sondern bekommen es mit der rohen Kraft der Naturgewalt zu tun. Menschen leiden, Menschen sterben. Dieses Spiel – von Verstimmung zur atemberaubenden Schönheit und dann ins Dunkle der Vernichtung – ist typisch für den Herbst. Dieses sich jährlich wiederholende Theaterstück hat uns Menschen so geprägt, dass die Farben der Veränderung auch in unserem Inneren Einklang finden.

Herbst – Gold und Schlamm wie hell und dunkel

Jedes Jahr sehen wir das herbstliche Gold und jedes Jahr werden unsere Gesichter länger und trauriger, wenn Gold zu Schlamm wird. Jedes Jahr spielt die Natur mit hell und dunkel. Hätte ich diesen Text gesprochen, würde ich hier eine kleine Pause zum ins-Fenster-gucken und Innehalten einbauen.

Unerwartet kam der Gedanke: wieso trenne ich mich eigentlich von der Natur da draußen? Wie kommt es, dass ich mir irgendeine Trennlinie einbilde, die mich als etwas dastehen lässt, was nicht die Natur wäre? Das ist doch falsch. Diese Trennung gibt es nicht. Ich bin ja auch die Natur, also ein Teil davon. Die Trennlinie verschwimmt.Heißt das jetzt, dass ich golden werde und dann zu Schlamm? Na ja, darüber lässt es sich sicher philosophieren: hohes Alter als Gold und dann eben Tod – Schlamm. Nur passiert es natürlich nicht jährlich. Doch Kontraste zwischen Eindrücken, Gefühlen, Erlebnissen, Menschen können auch schneller abwechseln als eine Jahreszeit. Ein und derselbe Mensch kann ein nettes Gespräch mit Eltern haben und später desselben Tages jemandem Herz brechen, nicht wahr? Ein und derselbe Mensch kann extrem verletzend sein und dir dann doch das Leben retten. Wie kommt das? Natur.

Liebeszeit der Poeten

Der Herbst. Mit all der Kraft, mit all der Intensität, mit all den Veränderungen und Eindrücken ist es doch nachvollziehbar, warum diese Jahreszeit bei Poeten so beliebt war, und ist.

Puschkin schrieb dazu. Falls Ihnen dieser Name nicht geläufig ist, war es einer der größten russischen Dichtern. Er wäre nicht stolz auf das, was seine Heimat jetzt treibt. Er hätte sicherlich die Kriegstreiberei und Diktatur kritisiert. Doch lassen wir das Thema jetzt kurz außen vor. Puschkin hat unglaublich viele Gedichte geschrieben, darunter auch über Herbst. Kosten Sie mal:

„Eine traurige Zeit! Enttäuschung für die Augen!

Mir ist von dir die Abschiedsschönheit angenehm –

Ich liebe der Natur pompöses Welken …“ („Herbst“, eigene Übersetzung).

Von den jetzt lebenden Poeten im russischsprachigen Raum schrieb und sang dazu Schewtschuk (Band DDT). Vor den Zeiten des jetzigen Regimes war diese Band weltbekannt und der Text über den Herbst kannte fast jeder, der die Sprache kann. Schewtschuk war offen in seiner Kritik gegenüber der jetzigen politischen Elite. Vielleicht hört man aus diesem Grund nichts mehr über ihn.

Poeten im englischsprachigen Raum schrieben über Herbst. Adelaide Crapsey („November Night“):

„Listen.

With faint dry sound,

Like steps of passing ghosts,

The leaves, frost-crisp’d, break from the trees

and fall.“

Poeten im deutschsprachigen Raum schrieben über Herbst. Mörike („Septembermorgen“):

„Im Nebel ruhet noch die Welt,

Noch träumen Wald und Wiesen;

Bald siehst du, wenn der Schleier fällt,

Den blauen Himmel unverstellt,

Herbstkräftig die gedämpfte Welt

in warmem Golde fließen.“

Wie geil! So sagt die heutige Jugend, wenn etwas passt, trifft und ist einfach schön. Sind diese Gedichte nicht so?

Ich bin sicher, von der herbstlichen Jahreszeit wurde geschrieben in allen Kulturkreisen. Denn ihre Schönheit ist überwältigend.

Herbstzeit fühlt sich an wie ein schöner Abend – entspannt. Zumindest fühlt es sich so an, bevor es dunkel und schlammig wird. Vielleicht verlieben sich Menschen auch gern deswegen im Herbst. Als Teenager habe ich mich mehrmals gerade im Herbst verliebt – einmal sogar so stark, dass ich selber wie ein Verrückter Gedichte schrieb. Leidvoll, schön, verzweifelt – so waren die. Leider ist weder was von den Gedichten noch was von den Beziehungen mit Menschen von damals geblieben. Passe. Und gut ist.

Atmen im Freien

Nun – und das ist tatsächlich entspannend – ist das Beste am Herbst einfach. Nach all den Grübeleien und großen Gefühlen ist es doch einfach nur unwiderstehlich, an einem sonnigen Herbsttag aufzustehen, alles liegen zu lassen und zu spazieren. Es ist einfach schön, die frische Herbstluft zu atmen und den klaren Himmel zu sehen. Es ist einfach gut, den Blick auf den malerischen Bäumen ruhen zu lassen, den Fokus in Farben zerfließen zu lassen. Wie glücklich sind jetzt Menschen, die ihre Hunde Gassi gehen! Ich habe zwar keinen Hund, aber ich genieße den Herbst gern. Kein Computer und keine digitale Sensation kann es ersetzen! Man fühlt sich frei bei frischer Luft und klarem Himmel.

Aufstehen nach dem Fall

Der Herbst. Wenn diese Jahreszeit zu Ende geht, sieht alles nur noch grau aus – und dunkel. Kein Blatt an Bäumen. Wahrlich ist gerade da das Jahr zu Ende. Dann kommt der Winter. Es glänzt die Weihnachtszeit in Ferne. Die Welt friert ein. Der Magier Natur deckt alles weiß, um drunter alles neu zu zaubern.Und das Neue kommt. Das neue Jahr. Die neuen Jahreszeiten. Die neue Blüte, Abenteuer, Leben, mehr. Wir alle wissen das.Das neue Design zum Herbst soll auch auf die Produkte kommen. Hoffentlich erinnert dieses Design im richtigen Moment daran, dass Veränderungen zum Leben gehören, dass Licht am Ende des Tunnels doch scheint, dass nachdem alles verwelkt, entsteht wieder Neues. Gut so.