Alles im grünen Bereich?

Eigentlich könnte man diesen Beitrag wieder mal mit einem mittlerweile gängigen Begriff wie Sustainability oder Nachhaltigkeit oder Umweltfreundlichkeit bezeichnen, doch irgendwie scheint es mir ein wenig festgefahren. Jetzt schon? Ja. Ein bisschen. Dennoch geht es hier heute um die Nachhaltigkeit, eventuell nur in einem etwas erweiterten Sinne.

Schon wieder Nachhaltigkeit?

Nun ja, warum nicht? Wie Sie sicher wissen, spricht man von Nachhaltigkeit dann, wenn man etwas macht, was auch für nachkommende Generationen von Menschen nicht schädlich oder im besten Fall sogar nützlich sein wird. Es ist also strategischer – das heißt langfristiger – Altruismus. Zumindest sollte es sich die Richtung bewegen. Ich hoffe, da sind wir uns einig. Ganz praktisch gesehen, handelt man nachhaltig, wenn man im privaten Umfeld beispielsweise weniger Verpackungsmüll produziert, Papier- oder Stoffbeutel kauft (können Sie auch bei mir), Kleidung seltener erwirbt, dafür darauf schaut, dass diese nachhaltig produziert wird (können Sie auch bei mir kaufen).

Man kann nachhaltig kochen und essen, man kann nachhaltig fahren, man kann nachhaltig wohnen. Das alles macht die Umwelt physisch besser, was weiteren Generationen das Leben und Ressourcen weniger versaut. Wenn Sie die Nachhaltigkeit auch im Geschäftsleben leben wollen, können Sie beispielsweise bessere Technik kaufen. Das bedeutet, Sie nutzen energieeffizientere Server und Laptops. Sie buchen Platz und Betreuung in ebensolchen Rechenzentren. Sie arbeiten mehr aus dem Home-Office (so muss das Büro nicht heizen, wenn es nicht heizen muss, logisch, oder?). Sie ermöglichen Ihren Kolleginnen und Kollegen schnellere und zuverlässigere Internetverbindung, bei welcher weniger Energie benötigt wird, um Datentransfer zu ermöglichen. So klappt auch die Wirtschaft besser. Schließlich können Sie auch bei Produktion auf umweltfreundliche Prozesse setzen. Da kann man viel tun. Und viele tun es jetzt zunehmend. Was hat man davon? Noch mehr als Sie denken. Allem Voraus atmen unsere Kinder eine sauberere Luft, Ozonschichtabbau verzögert sich, was weniger Überschwemmungen und generell weniger Klimaprobleme bedeutet. Das zahlt sich gewaltig aus.

Warum meckern so viele über die Nachhaltigkeit?

Wissen Sie, auch wenn ich kein Umweltökonomie-Professor bin, ist mir klar, dass die Umstellung auf eine nachhaltigere Lebensweise erst einmal viel Aufwand bedeuten kann. Und zwar nicht einmalig, sondern es erfordert viel Aufwand oft – wenn nicht durchgehend – und lange, sehr lange Zeit. Eventuell wird man mit der nachhaltigeren Art dann auch gar nicht mehr aufhören, eventuell werden die Aufwände mal ansteigen. Da jetzt sehr viel in Bewegung ist und auf Grund der Nachhaltigkeit viele Neuerungen und Änderungen kommen, wissen Menschen nicht, womit sie langfristig rechnen können oder müssen. Das ärgert. Darüber hinaus gibt es auf beiden Seiten – sowohl auf der Seite der Klima-Retter als auch auf der Seite der Klimawandel-Ignoranten – ziemlich viele Fehler, öffentlich wirksame Fehler.

Man kann es auch übertreiben

Auch wenn die Lage mit der Umwelt wirklich verzweifelnd ist und wirklich massiv Handlungsbedarf aufweist – global und allgemeinmenschlich, muss man adäquat bleiben. Eigentlich sollte man es auch dann, wenn man quasi wissenschaftlich fundiert die Ziele um Einiges höher schraubt als es realistisch möglich ist. Was bedeutet das in der Praxis? In der Praxis gibt es eine Menge an Dingen im Leben, die man außer der Nachhaltigkeit zu beachten hat. Hier einige wenige Beispiele:

Sie können nicht einem Vater oder einer Mutter mit kleinen Kindern das Verdienst schmälern, damit die Menschheit morgen besser atmen kann – die Familien brauchen das Geld jetzt.

Sie können nicht Wirtschaft in die Knien zwingen, ohne alternative Wirtschaft vorbereitet zu haben. In Deutschland beispielsweise hat es die Regierung sehr wohl glücklich geschafft! Die Regierung hat es geschafft, die Wirtschaft umzustellen. Ja, das sieht man jetzt noch nicht so richtig, weil es erst mit der Zeit sichtbar wird. Aber Elektrofahrzeuge sind da – eigenproduziert! Die können jetzt eine solide Reichweite, Fähigkeit zu hohen Geschwindigkeiten und Beschleunigung und sogar Prestige aufweisen. Die Infrastruktur für die Elektrofahrzeuge ist da. Die Technologien wie 5G und Glasfaser werden immer weiter ausgebaut. Alternative Quellen der Energieversorgung sind da – das Land ist nicht mehr so abhängig von Öl und Gas wie früher. Ja, es ist noch bei Weitem nicht perfekt, aber es ist auch nicht fertig, sondern Work in Progress.

Lassen wir jetzt mal das Beispiel Deutschland. Denken Sie an die globale Bewegung Friday for Future. An sich ist die Bewegung wirklich etwas, worauf man stolz sein sollte und was man schätzen und unterstützen sollte. Aber einen Tag weniger für Schulstoff geben, geht mit Sicherheit nach hinten los und dann jammert man schon wieder über jegliche Studien zum sinkenden Bildungsniveau.

Noch ein Beispiel wären die Beschädigungen der Fahrzeuge, weil es Benziner oder Diesel-Autos sind. Das ist bei manchen Protesten leider passiert. Was ändert das? Meiner Meinung nach ändert das nicht viel, und wenn, dann eher in die unerwünschte Richtung – es entstehen massive Gegenfronten und je aggressiver die eine Seite pusht, desto unlustiger wird auch die andere reagieren. Auf so einem Hintergrund werden irgendwann alle brav vergessen, dass das Ziel eigentlich Nachhaltigkeit ist.

Politisch über-penetrierte Menschen können sich so hineinsteigern in den Prozess des Widerstands, dass sie ihre eigentlichen Ziele aus den Augen verlieren. Stellen Sie sich mal eine Person vor, die einem Kollegen Streich spielt, damit er den Job verliert. Dann stellt diese Person ihre Freundin dem Chef vor, „weil sie für Gleichberechtigung der Geschlechter“ kämpft. Manche Menschen haben den Eindruck, dass es solche Vorfälle tatsächlich gibt. Inwiefern würde das der Geschlechtergleichberechtigung beitragen? Gar nicht. Im Gegenteil, auf Dauer würde es die Fronten so verhärten, dass eine Gleichberechtigung im Grunde überhaupt nicht möglich sein wird. Was möglich sein wird, ist ein bestialischer Kampf, in welchem es mit Sicherheit zu viele Opfer auf beiden Seiten geben wird. Sinn? In meinen Augen gibt es da genau Null Sinn – eine bescheidene Meinung des außenstehenden Betrachters.

Die Beispiele oben sind nicht abschließend, lassen jedoch vermuten, dass die Themen vielen Menschen ziemlich unangenehm werden können. Ist es nicht genau das Gegenteil dessen, was die Nachhaltigkeitsziele erreichen sollen? Oder reicht in etwa die eine Seite des politischen Spektrums, um die Umweltprobleme zu lösen?

Zu breit?

Sie sagen „okay, aber manche Gegenspieler werden es nie verstehen, sie stören nur, sie kann man nicht mit ins Boot holen“. Ja, womöglich haben Sie auch Recht, bei manchen ist es eher schwierig. Ganz besonders ist es dann schwierig, wenn politische Strömungen und Parteien, die sich früher als rechtspopulistisch, rechtsextrem, fremdenfeindlich und generell inakzeptabel gezeigt haben, plötzlich anfangen „Öko“ anzupreisen. Oder wenn eindeutig Nazi-nahe Gruppen, von „sozialer Gerechtigkeit“ sprechen, ist es wirklich schwierig.

Aber es ist nicht bei allen schwierig, die sich noch nicht als Nachhaltigkeit-Befürworter geoutet haben. Stellen Sie sich mal vor, um wie viel größer die Kraft und die gemeinsamen Erfolge sein könnten, wenn die angeblichen „Umwelt-Ignoranten“ dabei sind. Ist doch klasse, oder? In meinen Augen wäre das eindeutig klasse. Und genau weil es nicht viele so sehen, sind wir als Menschheit noch nicht da, wo wir sein sollten. Es sieht so aus, als ob man Polarisierung als Werkzeug etwas überschätzt. Nun ist es so wie es ist.

Positiv bei dem Ganzen ist jedoch, dass auch die richtigen Gegner Fehler machen. Meistens da, wo sie sich überschätzen. Aber das wissen Sie ja besser als ich.

CSR

Zum Abschluss möchte ich auf das Potenzial der Nachhaltigkeit hinweisen, welches für viele – aus mir unverständlichen Gründen – noch nicht klar ist. In der Wirtschaft bereits angekommen, schreibt das Konzept CSR (Corporate Social Responsibility) längst Erfolgsgeschichten. Es ist nicht möglich, jetzt im letzten Absatz eines kleinen Blogbeitrags, den Begriff CSR eingehend genug zu beleuchten. Daher kürze ich hier etwas ab, dehne jedoch den Inhalt des Begriffs auch auf das private Umfeld aus – nicht nur Wirtschaft.

Wenn Menschen an Nachhaltigkeit und Umwelt denken, denken Sie öfter eher an verschmutzte physische Umwelt, knappes Wasser, Global Warming, CO2 und vieles, was damit direkt zusammenhängt. Sie denken jedoch seltener an die sozialen Aspekte der Nachhaltigkeit – nicht so CSR. Und an der Stelle möchte ich Sie emotional mitnehmen.

Sie wollen doch nicht im Ernst Ihren Nachfahren eine von Diktatoren zerschmetterte Welt hinterlassen! Sie wollen doch nicht, dass Ihre Kinder Fremdenfeindlichkeit als Normalität oder Fest feiern, wie manche vor kurzem auf der Sylt. Seien Sie ehrlich: das ist Schande. Sie wollen doch nicht, dass Ihre Nachkommen, Leib-Eigentum irgendwelchen „halbgöttlichen“ Monarchinnen und Monarchen vorspielen müssen. Oder wollen Sie vielleicht, dass Ihre Kinder nie eine Chance haben aus dem von den Machthabern geplanten Szenario auszubrechen, weil „die Partei“ es so wollte – oder der „Sekretär“? Ist Ihnen überhaupt bewusst, in was für einer Katastrophe Ihre Kinder landen können, wenn Sie da nichts unternehmen?

Glauben Sie bitte nicht, dass Geld und „connections“ alles ist, was das Leben retten kann. Es gibt genug Fälle, die das Gegenteil bewiesen haben.

Nachhaltigkeit heißt auch soziales Miteinander, voller gegenseitiger Achtung. Sie können nicht Menschen abstempelt, ausschließen, sie als „zweite Wahl“ in die Tonne treten – das wird für Sie schief gehen. Garantiert. Mehr als das. Wenn Sie sich aus irgendeinem Grund berechtigt fühlen, Rechte der Menschen zu brechen, weil sie anders sind – ob sie Frauen, Männer, Kinder, Geflüchtete, Menschen mit Migrationshintergrund, Menschen mit einer anderen Hautfarbe, Menschen einer anderen ethnischen Abstammung, Menschen mit einer anderen Religion oder ohne, Menschen mit Behinderung oder sonst etwas sind –, sollten Sie sich um Ihre Zukunft fürchten. Bitte lesen Sie diesen Satz ggf. nochmals durch. Und nochmals.

Wir wissen und verstehen als erwachsene Menschen alle, dass „andere“ – fremde wie eigene gleich – gefährlich sein können, doch bevor Sie jemanden als Gefahr abstempeln, müssen Sie die Rechte achten und nicht umgekehrt, Rechte brechen, um Gefahr zu kreieren.

Und jetzt kommt die wichtigste Frage: praktizieren Sie es auch so? Wenn nicht, ist Ihre Nachhaltigkeit leider asozial und ehrlich gesagt auch dumm. Denn für wen machen Sie das?

Als ein Mensch, der gerne anderen zuhört, habe ich in den letzten Jahren viele Eindrücke gesammelt. Sehr beeindruckend finde ich besonders zwei Denkweisen. Die eine geht davon aus, dass „nur“ ihre Vorfahren besonders waren – ethisch, nobel, adel, wie auch immer. Die andere schaut so ähnlich und wirklich wie mit Lupe und mit Schoren auf ihre jetzige soziale Umgebung – nur ihre Ethnie, nur ihre Religion, nur ihre Nation, nur ihr Verein, nur ihr Geschlecht, nur ihre …. Als ob sie den größten Teil der Weltbevölkerung ausmachten. Niemand von ihnen macht den größten Teil der Weltbevölkerung aus. Wissen Sie, wenn Sie mal etwas Gutes für die frische Luft machen, machen Sie das auch für andere soziale Gruppen – ob Sie das wollen oder nicht. Und die anderen tun dasselbe für Sie. Oder sollen die anderen Ihnen mal eine Rechnung stellen?

Worauf ich hinaus will, ist wie absurd die Abschottung ist, vor allem aus der Perspektive der Nachhaltigkeit. Zusammen geht es besser.