Line-Art

Auf diesem Blog geht es nicht nur um Produkte, sondern viel mehr um Kunst. Es geht allem voran um Designs und das, was hinter den jeweiligen Designs steckt. Es gibt hier – zumindest noch – keine Festlegung auf eine bestimmte Kunstrichtung. Sie sind völlig frei, den Content als „Herumprobieren“ anzusehen.

Heute möchte ich eben etwas ausprobieren, was hier bis jetzt noch nicht vorgekommen ist, nämlich Line-Art – auch als Line art, Lineart, Liniengrafik, Linienkunst bezeichnet. Sie können sicher auch selbst irgendwo nachlesen, was diese Kunst bedeutet, woher sie stammt und andere Dinge, die ich hier nicht wiederholen möchte. Ich teile hier jedoch, was ich bei dieser Kunst interessant finde.

Line-Art

Comic – Tatoos – Malbücher

Die Line-Art ist einfarbig. Das heißt, wenn Sie eine Zeichnung, ein Bild anfertigen und es noch nicht mit Farben versehen haben, ist es im Prinzip schon Line-Art. Nach der Kolorierung ist es das eben nicht mehr. Manche Bilder sind aber auch so gedacht, dass sie ohne Farben bleiben. In Fotografie-Kunst ist es völlig normal und eigentlich eine Profi-Kunst. Schwarz-weiße Fotos gelten bekanntlich als hochqualitativ und als etwas für erlesenen Geschmack. Ich wusste früher nicht, dass es nämlich in der Zeichnung auch so ist. Beispielsweise hatte ich nie gedacht, dass einfarbige Comics die Line-Art sind. Lustigerweise malte ich diese tonnenweise, als ich Kind war. Ich wusste auch nicht, dass manche Menschen Malbücher für Kinder – und Erwachsene – als Lineart bezeichnet. In dem Fall bleibt es dann wohl nicht bei der Line-Art, sondern die Malbücher werden natürlich mit Farbe gefüllt. Wussten Sie, dass Ausmalen von solchen Büchern, übrigens, eine therapeutische Wirkung hat?

Und dann auch die Tatoos! Ich habe Hunderte von einfarbigen Tatoos gesehen – Drachen, Tiger, Hirschgeweih, ganze Geschichten – und wusste nicht, dass das alles die Line Art ist. Moderne Tatoos sind immer häufiger mehrfarbig, aber einfarbige sind nach wie vor da. In manchen Gesellschaften hat man so eine einfarbige Kunst als Auszeichnung bekommen, so in etwa wie Rang im Militär – for life. Und dafür musste man so manches tun. Heute hört man von den Trägerinnen und Trägern solcher Kunstwerke nur, dass es nichts hieße und „nur Kunst“ wäre. Nun, mit einer tiefgreifenden Bedeutung oder ohne, manche Werke und Geschichten, die menschliche Haut erzählt, sind richtig spannend.

Online

Mein kleines, bescheidenes Kunststück in Line-Art heißt „Online“.

Jetzt schauen Sie drauf und sind verwirrt. „Warum eigentlich Online?“. Und das ist, was ich an der Kunst wirklich klasse finde – man kann etwas kreieren, sich dabei etwas denken, absolut frei, und wenn die anderen drauf schauen, sehen sie erst einmal sehr wahrscheinlich nicht Dasselbe, was man selbst sieht. Sehr wahrscheinlich denken die Betrachterinnen und Betrachter auch ihr eigenes Teil und dieses kann sich um Welten davon unterscheiden, was man selbst beim Kreieren so im Kopf hatte. Das ist spannend, nicht wahr? Natürlich spielt es auch eine Rolle, wie man das, was da vorliegt, nennt. Doch selbst, wenn man es peinlichst genau und höchst objektiviert ausformuliert, wäre die Gefahr da, dass es anders aufgefasst wird. So ist es doch auch mit anderen Dingen im Leben: Projektbeteiligte streiten sich um Definitionen der Anforderungen, Anwälte und Richter streiten sich um Bedeutung juristischer Formulierungen, Verliebte interpretieren in das Gesagte ganz andere Inhalte hinein. Eigentlich ist unsere Welt voller Missverständnisse, wenn man bedenkt, wie oft Menschen sich nicht ganz genau so verstehen, wie sie es sich wünschen – die Welt ist richtig schief! Und doch funktioniert sie irgendwie.

Die Welt ist nicht zu fassen. Wenn man versucht, die Welt zu erklären, zu erfassen, zu verstehen, flieht sie einem buchstäblich davon – als ob sie nicht verstanden werden möchte. Oder ist es, weil – wie Physiktheoretiker sagen – das Universum immer wächst? Man kann es quasi gar nicht anhalten, um zu sagen „hey, jetzt sei endlich still, ich muss doch verstehen, wie du es meinst“. Wenn man versucht, die Welt in Details aufzutrennen, zu analysieren, sieht man den Wald vor lauter Bäume nicht mehr. Wenn man versucht, alles zu verallgemeinern, quasi zu sagen „naja, alles ist eh das Gleiche“, wird man doch immer wieder – und manchmal unangenehm – überrascht, nicht wahr? Wir Menschen bilden uns oft ein, dass „die Wissenschaft“ schon längst „alles erklärt hat“. Lustig ist aber, dass gerade die richtigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler es anders sehen. Manche von ihnen sehen es so in etwa so, als ob wir Menschen im Dunkeln tappen, mit relativ schwachen Taschenlampen. Haben Sie gemerkt, dass die wissenschaftliche Welt buchstäblich davon lebt, Hypothesen aufzustellen, sie zuerst zu bestätigen und dann wieder zu verwerfen? Das machen die Entdecker die ganze Zeit. Sie korrigieren die ganze Zeit ihre eigenen und unsere Weltbilder.

Wenn man auf das Gesicht der dargestellten Person schaut, bekommt man das Gefühl, dass diese Person nachdenklich ist, eventuell etwas traurig und doch nicht ganz – sie „hängt“ so ein bisschen. Ich stelle mir vor, wie diese Person nach einem anstrengenden Zeitraum da sitzt, sich eine Zigarette dreht und einfach „hängt“. Als ob diese Person, dieser Mensch, dieser Mann auf dem Bild einfach „Empfangsantennen“ ausgefahren hat und auf kleinste Regungen der Umgebung „hört“. Ich weiß nicht, ob alle solche Momente kennen. Man hört in solchen Momenten quasi „alles“ – drin und draußen. Und manchmal fühlt es sich sehr harmonisch an. So, als ob man eins mit Natur wäre, und eins mit sich. Als ob man mit der eigenen inneren Welt sowie auch mit der Umwelt per „Internet“ verbunden wäre, und die Datenübertragung findet statt in so richtig guter Qualität, mit entspannter und schneller Datentransfergeschwindigkeit. Da wären keine Störgeräusche. Man sitzt quasi „in flow“. Das ist, was ich mit „online“ meine. Man ist On Line – auf der Verbindungslinie. Man ist verbunden.

Wenn Sie diese Art Gemütszustand kennen, wissen Sie wahrscheinlich auch, dass es Menschen gibt, die sich einbilden, dass dies tatsächlich die echte Einheit mit dem Universum wäre. Und die wären Götter oder so ähnlich. Wenn sie aus dem Zustand rauskommen oder – wie es oft ist – vom Leben selbst wach gerüttelt und zurück in die hastige, unharmonische Normalität gerissen werden, denken sie sich, dass sie jetzt die Wahrheit in letzter Instanz entdeckt hätten. Sie versuchen dann, den „Online“-Zustand zurück zu erobern, immer und wieder. Sie proklamieren es als ihr Lebensziel, opfern dafür ihr Gut und manchmal sogar Beziehungen. Es fühlt sich doch so gut an in dem „Online“-Zustand, wo alles wieder gut und nichts mehr schief zu sein scheint. Ist das an sich nicht schief?

Menora von Anna Knyazeva

Das Design, um welches es heute geht, wurde von Anna Knyazeva angefertigt, wofür ich ihr hier noch einmal herzlich danke. Wie man es dort erkennen kann, geht es um die so genannte Menora. Die Menora verbindet wahrscheinlich fast jedermann mit der jüdischen Kultur. Das hebräische Wort Menora bedeutet Lampe oder Leuchter.

Menora und Chanukkia

Wenn man nicht mit der jüdischen Kultur vertraut ist und nicht gerade Theologiestudium hinter sich hat, kennt man sich mit solchen Symbolen wie eben die Menora nicht unbedingt aus. Selbstverständlich ist es nicht weiter schlimm, besonders in der heutigen Welt. Allerdings ist es immer angenehmer, wenn man sich halbwegs auskennt als wenn man gar nicht weiß, wovon man redet – in diesem Fall besonders, wenn man mit Menschen jüdischer Abstammung spricht. Und über die letzten Jahren bekommt man den Eindruck, dass man die Existenz der jüdischen Kultur so ein wenig wiederentdeckt – auch wenn es nicht selten als Folge negativer Nachrichtenberichterstattung aus In- und Ausland kommt.

Wenn man im modernen Westeuropa eine relativ lange Zeit antisemitische Stimmungen jeglicher Art fast vergessen hatte, wurde das kollektive Gedächtnis im Laufe der letzten fünf bis zehn Jahre medial spürbar stark aufgefrischt: rechtsradikale Parolen, Unverständnis und Desinformation in politisch links gelagerten Kreisen, Judenhass unter Menschen aus muslimischen Kulturkreisen, Konflikte im Nahen Osten und letztlich Krieg mit Hamas – das alles ist jetzt in den Medien gefühlt viel kräftiger präsent als Jahre davor. Menschen in Europa erinnern sich, dass es jüdische Kultur und jüdische Menschen gibt, und verarbeiten wieder alles, was damit verbunden ist. Das ist viel.

Daher ist es sicher nicht schlecht, wenigstens oberflächlich zu erfahren, was die gängigen jüdischen Symbole eigentlich so bedeuten – und die Menora ist eines davon.

Eben genau, weil die jüdische Kultur so weit, so fremd, so vergessen schien, wissen viele nicht, was die Menora ist und welchen Unterschied es beispielsweise zwischen der Menora und Chanukkia gibt. Die letztere ist eben ein Bestandteil der durchaus geschichtlich-religiösen Tradition des Festes Chanukka und gilt in streng religiösen Kreisen als so heilig, dass man diese nicht ohne weiteres nachbilden darf. Die Chanukkia ist auch ein Leuchter, nur hat dieser nicht fünf oder sieben, sondern acht oder neun Zweige nach oben. Die Menora darf man demgegenüber schon nachbilden und diese findet man unter jüdischen Symbolen – geschichtlich, nicht religiös – in Artefakten, die auf die Zeiten noch Jahrzehnte vor Christus zurückdatiert werden. Die Menora ist somit einer der ältesten Beweise für jüdische Kultur und übrigens auch für die Existenz dieser Kultur in den Gebieten des heutigen Israels.

Chanukka

Auch wenn man die beiden – Chanukkia und Menora – verwechselt, ist es irgendwie interessant, dass man den gesamten Kontext der beiden irgendwie im Hinterkopf behält. Chanukka – das Lichterfest – ist im Judentum von Wichtigkeit, wahrscheinlich vergleichbar mit Weihnachten bei Christen. Leute nehmen es als Tradition ernst. Ob sie dabei an jedes Detail glauben, sei dahin gestellt. Noch mehr als 150 Jahren vor Christus kämpften die Israeliten gegen die hellenistischen Besatzer und deren Anhänger. Und weil die Israeliten den Kampf gewonnen haben, gab es nämlich dieses Lichterfest. Laut der Tradition hat man für den Leuchter Öl benutzt und dieses reichte – wahrscheinlich der ungefähren Schätzung nach – nur für einen Tag. Der Leuchter brannte damit aber acht Tage. So wird zumindest geglaubt und es als Wunder bezeichnet, welches an den Sieg gegen die Besatzer jährlich erinnert. Wie gesagt, ob Menschen dabei glauben, dass das Öl wie durch ein Wunder für acht Tage reichte oder dass jemand es heimlich nachschenkte oder dass es gedichtet wurde, ist eigentlich unerheblich. Erheblich ist die Geschichte mit den Kämpfen gegen die Besatzer – diese sind nämlich historisch belegt und gelten als wahr.

Auch interessant ist beispielsweise, dass sich die Traditionen zum Abhalten des Lichterfestes von einer „Schule“ zur anderen etwas unterscheiden – das könnte man, etwas weit gegriffen, sogar als ein Plädoyer für Meinungsfreiheit sowie Freiheit von starren fundamentalistischen Interpretationen, die in jeglichen Religionen präsent sind, sehen. Sogar eine Prise Menschlichkeit ist dazu im Talmud zu finden, nämlich da, wo – wohl gemerkt, abweichend von „normalen“ Regeln für das Lichterfest – geschrieben wird, dass man den Leuchter nur auf eigenen Tisch aufstellen sollte und nicht draußen vor die Eingangstür oder ins Fenster, wenn man in Gefahr ist.

Wofür steht die Menora?

Nun haben wir über Chanukka gesprochen, ein Fest, um welches es bei der Menora nicht unbedingt geht. Wofür steht denn die Menora, wenn nicht für das Lichterfest? Ich kann dabei nur von meinem Gefühl sprechen und dieses sagt mir, die Menora steht für alle Menschen jüdischer Abstammung. Ganz einfach. Dabei ist es absolut ohne Bedeutung, ob sie religiös sind oder nicht, es ist auch ganz egal, welche politische Ansichten sie haben oder wie „rein“ sie ethnisch sind – es ist ihre Geschichte und diese haben sie sich nicht gewählt. Die Geschichte verbindet diese Menschen. Die Geschichte dieser Menschen ist de facto so reich, dass die ganze Welt davon lernen könnte und das tut sie auch. Und ich spreche hier nicht von irgendwelchen esoterischen Dingen, die keiner versteht, sondern von ganz üblichen Dingen, wie beispielsweise Liebe zu Mitmenschen, Dankbarkeit zu eigener Community, Hochhaltung ethischer Normen, Streben nach Weisheit in der Praxis, akribischer Umgang mit geschichtlichen Belegen, und unheimlich viel Leid.

Was verbanden wir mit Anna mit der Menora im gebotenen Design?

Um ehrlich zu sein, denkt sich jede und jeder irgendwie so ein wenig eigene Sachen, wenn so ein Bild entsteht. Daher wäre eigentlich empfohlen, dass Anna ihre Meinung dazu selbst sagt oder schreibt – vielleicht wird sie es auch tun, zu einem späteren Zeitpunkt. Was ich mir dachte, befindet sich so ein bisschen an der fließenden Grenze zwischen zwei Kulturen – der jüdischen und der ukrainischen. Daher gibt es bei den zwei brennenden Kerzen die Farben Blau und Gelb. Meine Gedanken sprangen wie bei einem Prozessor zwischen den beiden Kulturen – oder vielleicht wie bei Quanten waren sie zugleich bei beiden – und versuchten manche Ereignisse aus den Geschichten der beiden Kulturen zu vergleichen. Vielleicht können Sie es auch?

Eigener Wohlstand – Oh, how uneconomical

Und wieder einmal knüpfe ich im aktuellen Beitrag an die Inhalte aus dem letzten – da ging es um Fehler und eigenen Wohlstand, hier wird es nur um den Wohlstand gehen. Eine Prise Humor wird beim Durchlesen empfohlen. Dazu gleich ein kleines Design:

Wohlstand

Ich sehe hier davon ab, Wohlstand definieren zu wollen, und gehe davon aus, dass die meisten darunter mehr oder weniger gleiche Dinge verstehen. Wohlstand liegt vor, wenn wir etwas haben, womit es uns gut geht, und zwar etwas materielles. Es ist unfair, Wohlstand allein auf das Tauschmittel Geld einzugrenzen. Wohlstand ist viel eher das, was wir Menschen mit dem Geld erwerben: Markenklamotten, gutes Essen, umweltfreundliche Autos, teure Clubs und unvergessliche Dates, Geschenke für die, die wir lieben. Das will man haben, nicht wahr? Und das ist sicher nicht schlecht.

Wohlstand verteidigen

Eben weil Wohlstand an sich ja eine gute Sache ist, will man diese nicht nur einmal erreichen, sondern am besten einfach immer haben. Und wenn man die Sache hat, will man sie nicht aufgeben. So weit ist es wahrscheinlich bei allen Menschen gleich. Die Unterschiede im Umgang mit Wohlstand gibt es, wo Lebensumstände anders sind. Jede und jeder hat eigenes Leben, sagt man. Mit Recht.

Wohlstand in alten Monarchien hing streng davon ab, auf welcher Hierarchiestufe man lebte – war man mit König verwandt, ging es einem gut, war man Königs bester Sklave ging es einem vielleicht auch nicht schlecht, zumindest materiell. Ich weiß es nicht, ob es damals so etwas wie Nominierung „Sklave des Jahres“ gab oder ob die Königlichen Olympischen Spiele wie „Wisch den Königspopo im Freestyle“ existierten. Die meisten Menschen waren da allerdings in anderen Lagen und wenn man verstehen möchte, wie es denen tatsächlich ging, sollte man die Geschichte gut studieren. Mag sein, dass sie eigenes Gut – wenn Monarchen es mal erlaubten – hatten, doch gut ging es ihnen nur bedingt. Denn wenn Monarchen es einmal nur gewollt haben, durften sie sich jedes Gut einfach nehmen – dazu zählten auch Ehefrauen und Geliebte einfacher Menschen. Übrigens, wenn Sie denken „tja, es war ja nur einer im Lande, damit kann man leben“, täuschen Sie sich. Denn buchstäblich jede und jeder von einer höheren Gesellschaftshierarchie hätte das oder andere unangenehme Dinge machen können. Die Oberen stachen, so zu sagen, die Unteren – eigentlich die ganze Zeit, vielleicht bis auf die Zeiten, in welchen sie mit Kriegen beschäftigt waren – leider oft. Was für eine „glänzende“ Gesellschaft, nicht wahr? Wahrliche Verkörperungen des Göttlichen auf Erden, nicht? Hat man doch geglaubt, dass die Monarchen Gesalbte Gottes wären. Ich weiß es nicht, wie es Ihnen geht, aber meine Haare sind im Zenit, wenn ich heute Menschen treffe, die Monarchien zurück haben wollen – vor allem, wenn es Menschen sind, die nicht gerade königliche Abstammung nachweisen können.

Schwer zu sagen, ob es die Monarchie, wie es sie gab, heute noch gibt. Dazu muss es Transparenz geben und die letztere ist sogar in der heutigen „Wissensgesellschaft“ schwer zu bekommen. Ebenso ist es nicht einfach in totalitären Systemen. Wer kontrolliert schon, was da passiert? In totalitären Systemen gibt es ja streng genommen nur eine gleichgeschaltete Linie – ob es die Linie, die zum einem Diktator, einer Diktatorin, oder einer Partei führt. Besonders lustig war es in real-kommunistischen und real-sozialistischen Ländern der jungen Vergangenheit, wo es immer eine (!) Partei gab oder zumindest immer dieselbe Partei die Wahlen gewann – und zwar immer mit 95% der Stimmen. Mindestens. Also wirklich außer jedem Zweifel die (!) Gewinner. Langer Rede kurzer Sinn, „die Gewinner“ kontrollierten nicht nur die informationelle Transparenz, sondern auch Wohlstand der Bevölkerung. Wenn „die Gewinner“ Lohn für Architekten mit 120 Euro geplant haben, war es so – egal, ob Architektinnen und Architekten es wollten oder nicht. Wenn „die Gewinner“ Lohn für Handwerker mit 80 Euro geplant haben, dann war es so. Stellen Sie sich einmal vor, die ganzen Streiks der Gewerkschaften würden einfach nichts bringen. Nein, wirklich. Nichts. Und so kam es, dass es in den real-kommunistischen Ländern soziale Klüften zwischen verschiedenen Berufen eher klein waren und Menschen miteinander – das ist wirklich wahr – besser konnten als in kapitalistischen Gesellschaften. Meistens. Menschen fühlten sich auch irgendwie näher zueinander, „gleicher“ so zu sagen. Sie waren ja alle gemeinsam von „den da oben“ ausgetrickst – die ganze Zeit. Bei solchen Umständen schätzten die Menschen auch innere Werte. Kein Witz. Man mag darüber lachen oder nicht, aber innere Werte – wenn sie mal auch von anderen geteilt waren und funktionierten – konnten zu einem Wohl-Zu-Stand beitragen, sogar langfristig. Wozu sie allerdings weniger beitragen konnten, ist das Geldbeutel und die Fähigkeit, sich die Dinge zu leisten, die man will.

Wahrscheinlich kann man irgendwo nachvollziehen, warum die Menschen aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Kontexten, ein wenig anders mit Wohlstand umgehen. Es ist nachvollziehbar, dass die Monarchie-Begeisterten erst dann so richtig teilen würden, wenn irgendein Ober sie sticht. Es ist nachvollziehbar, dass die Menschen aus real-kommunistischen Ländern leichter teilen und menschlicher wirken, auch wenn sie das Gefühl haben, dass es ihnen selbst was fehlt – unter anderem, weil sie eh keine Hoffnung auf jegliche Veränderungen haben. Es ist nachvollziehbar, dass es in – egal wie gut, aber – funktionierenden Demokratien Menschen von jeder Sorte gibt. Warum? Weil in Demokratien sind alle Menschen in der Lage, etwas zu verändern. Sie haben die Wahl.

Ich weiß nicht, in welchen Lebensumständen Sie sind und wie wichtig es ist, für Sie Ihren Wohlstand im Status Quo zu bewahren. Ich weiß nicht, wie wichtig es ist für Sie, möglicherweise den Wohlstand überhaupt erst einmal zu erreichen. Ich weiß es nicht, ob Sie stark genug sind, um zu teilen. Aber wenn Sie die Wahl haben, dann können Sie es. Und in einer Welt, wo Sie nicht die ganze Zeit von oben gestochen werden, ist es Ihnen frei gestellt, ob Sie es tun.

Eines ist über Teilen in jedem Fall klar, und eigentlich trivial zu erwähnen, nämlich, dass Teilen mit anderen auch Verzicht auf eigenen Wohlstand bedeuten kann. Wenn Sie ein bisschen teilen, verzichten Sie auch ein bisschen. Wenn Sie viel teilen, verzichten Sie viel.

Teilen und Sharing Economy

Nun ist Teilen nicht immer angenehm, auch wenn – unter „normalen Umständen“ immer freiwillig. Was hat man davon, außer dass man gerade einmal kurz einem Menschen hilft? Was bringt es, außer einem Gefühl der Befriedigung mit eigener Menschlichkeit und einem guten Gewissen? Ist es nicht unwirtschaftlich, wenn man viel teilt? Ich finde es gut, wenn man sich mit diesen Gedanken beschäftigt. Nur bitte nicht leichtfertig. Selbstverständlich sind diese Fragen komplex. Nicht umsonst sind weltweit ganze Horden Wirtschaftswissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler damit befasst. Offensichtlich kann Teilen Vorteile bringen – auf persönlicher sowie auf gesellschaftlicher Ebene. Vielleicht trägt es sogar zum Zusammenhalt bei. In der EU sprach man in diesem Sinne von der „schwarzen Null“ und hatte Recht, denn was miteinander die ganze Zeit wetteifert, wird kaum in schweren Tagen zusammenhalten. Vielleicht trägt Teilen auch zum Überleben bei. Im Zweiten Weltkrieg teilten die Menschen, die im Krieg mit Nazis waren, miteinander, denn sie alle waren in Not. Und so haben die Menschen auch gesiegt. Schließlich trägt Teilen vielleicht sogar zum Erfolg der Gesellschaft bei, denn so können schwache „Kettenglieder“ stark werden.

Sei anders

Im letzten Beitrag habe ich kurz das Thema menschliche Fehler angesprochen. Das ist ein Thema für sich. Heute will ich auf dieses Thema eingehen.

Menschliche Fehler

Meistens, wenn wir Menschen, von Fehlern hören oder sprechen, denken wir an etwas, was falsch ist. Wir meinen damit so ungefähr so falsch wie 2 x 2 = 5, oder ähnliche, eindeutig falsche Dinge. Wir sprechen vom Brechen oder Nichteinhalten von Regeln und Gesetzen. Wir sprechen von Verfehlen von Zielen. Wir sprechen von Nicht-Genügen jemandes Erwartungen. Kurzum scheint Fehler so etwas wie Abweichen zu heißen.

Sehr oft ist Abweichen nachvollziehbar. Niemand möchte Abweichungen haben. Beispielsweise wollen Sie wahrscheinlich auch nicht, dass jemand von der Gesellschaftsnorm „Nicht rauben“ oder „Nicht töten“ gerade bei Ihnen abweicht, nicht wahr? Sehr wahrscheinlich gelten solche Normen überall auf der Welt. Und solche Normen sind im Normalfall auch gesetzlich verankert.

Doch erscheint das, was offensichtlich richtig sein sollte, unter Umständen als nicht immer so eindeutig. Denken Sie bitte an folgende Beispiele:

Christliche Kultur feilschte weltweit so hart an Verteidigung der Werte wie Ehrlichkeit. Man solle nicht lügen. Wir erwarten das von unseren Kindern. Wir erwarten das von unseren Ehepartnerinnen und -partnern. Wir erwarten das von unseren Freunden. Wir erwarten das von unseren Politikern. Doch was machen wir, wenn uns Profit zu entkommen scheint, wenn wir uns vor Einsamkeit fürchten, wenn wir unseren Wohlstand gefährdet sehen? Wir nehmen das mit Abweichen nicht mehr so ernst. Ich kann mich an die jüngste Rede eines Politikers erinnern, der sehr charismatisch dauerhafte Unterstützung für die Ukraine zusagte – mehr: er hat sich mit den Menschen aus der Ukraine identifiziert. Alle jubelten zu. Grob eineinhalb Jahre später sprach sich dieser Politiker dafür aus, den Geflüchteten aus dem Krieg – genau denen aus der Ukraine – existenzielle Unterstützung zu streichen. Seine Begründung lief auf den Grundsatz „Wohlstand bewahren“ aus.

Die fortschrittlichen Länder der Welt haben eine unglaublich lehrhafte Geschichte hinter sich. Sie gingen durch eine unglaubliche Anzahl von Kriegen – darunter zwei Weltkriege – durch. Gemeinsam erschufen sie daher internationales Kriegsrecht, festgehalten beispielsweise in Genfer Konvention oder internationalen Menschenrechten, die übrigens von vielen ratifiziert und in die nationale Gesetzgebung mit einer hohen Priorität übernommen worden sind. Dabei waren beispielsweise Vereinigte Staaten eines der Vorreiter-Staaten. Plötzlich „verstehen“ jetzt Wählerinnern und Wähler aus manchen US-Bundesländern diejenigen, die nachgewiesen systematisch Kriegsverbrechen begehen.

Plötzlich „flirten“ bestimmte US-Politiker mit den Kriegsverbrechern, huldigen ihnen. Und wieder sind die Gründe so trivial wie immer: „eigenen Wohlstand verteidigen“. Wie paradox ist nur, dass die Wohlstandverteidiger noch kurz davor die „so undemokratische Länder“ belehrten, wie man zu leben habe: Werte, Rechte, …, was da nur nicht gesagt worden war, wo immer die anderen nachziehen mussten. Und plötzlich sind die größten Demokratie-Verteidiger der Welt selbst anti-demokratisch geworden…

Ein weiteres Beispiel kann ein europäisches Land sein, welches es jahrelang schaffte, ein Champion im Kampf gegen Korruption zu sein. Einwohner dieses Landes waren stolz darauf. Sie schauten herab auf andere Völker, die ständig in Korruptionsskandalen verwickelt worden waren. Sie verwiesen auf die Kultur. Es muss sich etwas im Sonnensystem gedreht haben, dass genau dieses Land politische Parteien in seine Legislative einziehen lässt, die offensichtlich von Betrügerinnen und Betrügern gegründet und geführt werden, und mit korruptem Geld bezuschusst. Die Parolen solcher Parteien sind öfter als nötig mit „Wohlstand verteidigen“ zu vergleichen. Und die Gesellschaft erklärt plötzlich die angebliche Toleranz mit Faschisten durch „Demokratie“ – eine Demokratie, die sich selbst ganz „demokratisch“ auslöscht.

Schließlich ist in solchen Ländern, wie das im letzten Absatz angesprochene, so heldenhaft Diversität hochgepriesen und verteidigt worden, dass man sich denken konnte: das ist der Traum, der wahr geworden wäre. Doch jedes Mal, wenn eine Herde mit Flagge über deren Gegensätze herzieht, macht die das Thema Diversität zunichte. Eine Herde schreit „Leitkultur“, eine andere dagegen „Hurra! Sie nimmt den Männern ihren Job“. Eine Herde beteuert „Familienwerte“, eine andere „Geschlechterkampf“. Eine schreibt sich auf die Flaggen „Sicherheit“, eine andere „Appeasement“… In dem Kreuzfeuer der Herden-Ansprachen, die in ihrem Eifer die einzelnen Menschen einfach überrollen, hat

das eigenständige Denken

– ist es nicht das, wozu uns große Philosophen herausforderten?

– wenig Chancen. Bestimmt verstehe ich nicht, wie wichtig doch die Slogans sind – auch wenn ich alle der genannten Slogans in bestimmten Situationen sehr gut nachvollziehen kann. Dennoch verstehe ich, dass die Herden viel zu oft von ihren eigenen Werten und Worten abweichen. Bei dem Kreuzfeuer fühle ich mich in einer Welt, in der Abweichungen eine Normalität sind. Fast hätte ich mir gedacht, dass es doch anders gar nicht möglich wäre, dass gerade und nur so eine Demokratie gehen würde und versinke dann im Verzweifeln, denn genau diese Uneinigkeit, ja ein Spiel der Egoismen, von den Feinden der Demokratie verwendet wird, um die letztere zu zerstören. Noch mehr Verzweiflung ruft hervor die Einsicht, dass Demokratie für viele lediglich ein unzuverlässiges Chaos geworden ist. Wie schade.

Man mag mich missverstehen und denken, ich übe hier harte Kritik, die ich selbst nicht verdiene. Ich urteile hier nicht darüber, wer was verdient hat. Ich schreibe lediglich darüber, was mir zum Thema Fehler auffällt.

Es ist also ein Themenkomplex, ein bunter Haufen an Fragen, die einem dabei durch den Kopf gehen. Man schaukelt dabei von eindeutig unerwünschten Dingen, über Fragen über Fragen bis hin zu den Punkten, wo man doch irgendwie abweichen möchte, nicht wahr?

Und dazu ein kleines Design:

Wer das Design mal auch tragen möchte, ist herzlich zum Shop eingeladen.

Momentaufnahme

Manchmal bleibt der Eindruck eines Bildes im Kopf hängen – genauso wie der einer Melodie oder eines Wordings. Man spricht von Ohrwurm, Meme, vom Bild vor dem inneren Auge. Selbst bei denjenigen, die entsprechende Bilder, Melodien und Merksätze in die Welt setzen, bleibt es manchmal irgendwie hängen. So blieb bei mir nach dem letzten Beitrag das Bild des Davidsterns vor dem inneren Auge hängen – und noch mehr blieb hängen das Bedürfnis, mehr zu diesem Symbol zu sagen.

Eigentlich hab ich dieses Bild (das Design oben) noch früher gemalt – ohne eine besondere Absicht, einfach als Zeitvertreib. Und dann kam das Thema mit Kosak und David

Jedenfalls wollte ich auf dem Bild Davidstern-ähnliche Formen in „natürlichen“ Gegebenheiten „sehen“. Das war so ein Gedankenspiel, so wie es sich anfühlte. Also spielte ich mit diesen Gedanken, kritzelte und „sah“ die entsprechende Form quasi aus einer Höhle (das ist die schwarze Fläche unten und seitlich). Aus dieser Höhle sieht man auf dem Bild ein breites und weites Plateau aus Sand, am Horizont einen Berg und dahinter den blauen Himmel. Die Form des Davidsterns liegt also genau da in der Höhle, in dem Moment, in welchem man auf den Berg schaut. Wäre man aus der Höhle raus, hätte man die Form nicht vor Augen. Wäre man weiter unten auf dem Sand, hätte man die Form ebenfalls nicht gesehen. Wäre man auf dem Berg am Horizont, hätte man es auch nicht. Die Form sieht man in der Momentaufnahme – im Hier und Jetzt. Da, wo es passt. Diese Momentaufnahme entsteht so wie das menschliche Gehirn selektive Wahrnehmung an den Tag legt – da, wo es passt, auch wenn es unbewusst ist.

„Wo es passt“ hat nichts mit Wunschkonzert zu tun, auch nicht mit Manipulation – es ist tatsächlich der Moment, wo es passt.

Davidstern

Über Davidstern kann man heute viel lesen und hören. Für die einen ist es einfach ein Staatssymbol – ein Wappen. Für die anderen repräsentiert es alle Menschen jüdischer Abstammung. Für die dritten hat der Davidstern eine zutiefst religiöse oder sogar mystische Bedeutung. Beispielsweise erzählen solche Menschen, dass in den zwei identischen, doch entgegengesetzten Dreiecken das Verhältnis zwischen dem Göttlichen, einer höheren Schöpfungskraft und dem Menschen zu sehen ist – „wir sind von der höheren Kraft erschaffen und kehren zu ihr zurück“. Das klingt zwar fast wie das berühmte „wie oben, so unten“ aus den Filmen über böse Geister, doch nimmt es einen gedanklich schon mit und lässt irgendwo nachgrübeln. Nun, Mystik hin oder her, sehen Menschen in dem Davidstern ganz Unterschiedliches.

Vor ein paar Jahrhunderten sahen viele in diesem Symbol den aufstrebenden, einigenden, stolzen Geist der Menschen, die auch – wie alle anderen um sie herum – einen eigenen Staat haben wollten. Vor etwa 80 bis 90 Jahren war der Davidstern eine „Schande“, die man den Menschen jüdischer Abstammung vorne auf ihre Kleidung – ganz plakativ – aufnähte, und zwar ohne Grund, einfach weil politische Propaganda es so weit trieb. Diese Menschen wurden als „niedere Rasse“, als „Betrüger“, als „Geizhälse“, als „Christkind-Mörder“ abgestempelt, bespuckt, geschlagen, geschändet, beraubt, vergewaltigt, verkrüppelt, gefoltert, missbraucht, getötet – einfach, weil sie so geboren waren, als Juden. Der Davidstern leuchtete an ihrer Brust als „Beweis“ für all die Verschwörungstheorien.

Vor zirka 75 Jahren gab es die Gründung des Staates Israel im Nahen Osten, wonach sehr viele Holocaust-Überlebende dorthin zogen, um ihr Zuhause mit Ihresgleichen aufzubauen – sie gingen durch moderne Kriege, die sie gewonnen haben, sie gingen durch politische Spielchen des Ostens und Westens, die sie überstehen konnten, sie erschufen eine wunderschöne Architektur, eine aufstrebende Wirtschaft, eine starke Kultur. Menschen aus unterschiedlichsten Ecken der Welt zogen hin und brachten ihre Erfahrungen mit, um gemeinsam das Leben aufzubauen. Wenn man früher von Nazis bestimmte Theorien über Juden-Aussehen hörte, so wurden diese spätestens jetzt an diesem Ort zunichte gemacht. Äthiopische Juden, osteuropäische Juden, amerikanische Juden, spanische Juden, Juden aus Kaukasus oder anderen Ecken der Welt waren jetzt hier versammelt und sahen sehr unterschiedlich aus. Innerhalb der letzten 75 Jahren verbanden daher immer mehr Menschen den Davidstern mit Fortschritt, Technologie, Wirtschaft, starkem Militär und vielen Dingen, die in der modernen Welt von Bedeutung sind – Dank den Bemühungen von den Holocaust-Überlebenden hat man vergessen, wie viel unschuldiges Blut, vernichtete Existenzen und Grausamkeit unter dem Stern zu sehen waren.

Sicher gibt es auch heute andere Sichtweisen. Es gibt immer noch den unerklärlichen Judenhass in Europa, unter den Menschen, die an „reiche Juden, die Welt regieren“ glauben. Es gibt Menschen, die all die Nazipropaganda von ihren Omas und Opas aufgesaugt haben – ganz privat, dafür aber tiefgreifend. Es gibt Menschen, die meinen, Juden hätten ihr Land annektiert, nachdem sie ihnen das Land selbst verkauft haben. Es gibt Menschen, die behaupten, Juden haben ein Land angegriffen und es erobert, was nicht der Fall war. Es gibt Menschen, die ihren Judenhass kleinen Kindern eintrichtern – und zusehen, was erwachsene Terroristen danach anstellen. Beispiele dafür gab es in Israel schon seit Jahrzehnten, das jüngste davon am 8.Oktober im letzten Jahr. Auch das alles sehen Menschen, wenn sie den Davidstern vor sich haben.

Schließlich sehen manche auch alle Fehler, die Menschen jüdischer Abstammung im Laufe ihres Lebens machen können, und zwar als „Beweis“ für die Propaganda gegen alle – auch wenn es sich bei jeglichen Fehlern um Einzelfälle handelt, höchstens um Verhalten kleinerer Gruppen, die weder für Juden als Ethnie noch für das Land Israel repräsentativ sind. Das Herz wird schwer. Die menschlichen Fehler…

Die Perspektiven bei der Betrachtung des Davidsterns sind unterschiedlich und ändern sich in Raum und Zeit ausdrücklich – ich behalte mal die meine, die aus der Höhle, zumindest für eine Weile noch. Irgendwie gibt es ein Gefühl der Hoffnung.

Erstaunlich ist es, wie viel in einem Bild stecken kann.

Kosak und David

Vor einer Weile hatte ich das Glück, gemeinsam mit Anna Knyazeva ein Produktdesign zu testen, welches zwar politisch schwierig wirkte, jedoch voll den Nerv des Zeitgeistes traf. Bei diesem Design wurden politische Symbole von zwei Staaten kombiniert dargestellt, die in aller Munde waren – und auch jetzt sind. Es handelt sich um die Ukraine und Israel. Auf dieses Design möchte ich heute nochmal detaillierter eingehen.

Design Ukraine und Israel

Zum einen ist zu sagen, dass die Tests ganz unterschiedliche Reaktionen auf das Design gezeigt haben – es war nachvollziehbar, da das Design ohne Erklärungen oder Kommentare angeboten wurde. Das heißt, Menschen haben einfach das Design, das Bild, angeschaut und hatten ihre ganz eigenen Assoziationen damit. Die einen haben sich kräftig geärgert, die anderen hielten es für unangemessen, die dritten fanden es ganz nett. Und ja, es gab auch Käufe.

Ich kann es mir nicht leisten, an dieser Stelle, professionell in die Interpretation der Testergebnisse einzusteigen – das würde viel zu viel Platz benötigen. Daher nur kurz: geärgert haben sich Menschen, weil sie politisch unterschiedlich zu Ukraine oder Israel gestimmt waren. Unangemessen fanden es Menschen, da sie das Gefühl hatten, wir würden die Themen während der Kriegszeit wirtschaftlich „missbrauchen“ – was wirklich nicht der Fall war. Die erste intuitive Reaktion von uns auf solche Impulse war natürlich in etwa „oh, vielleicht dann doch lieber nicht“. Doch nach einer Phase der Überlegung neige zumindest ich persönlich zu der Schlussfolgerung, dass wir es doch machen sollten – allerdings mit etwas Erklärung. Und das ist der Hintergrund zu diesem Blogbeitrag.

Warum kam der Wunsch die politischen Symbole von Ukraine und Israel zu verbinden?

Das wäre der zweite, in meinen Augen wichtige, Teil dieses Beitrags. Für Anna und mich waren es sowohl der persönliche Draht zu diesen Kulturen – Familiengeschichten, Freunde, eigene Lebensgeschichte – als auch ein warmes Gefühl zu diesen Kulturen. Das letztere ist wahrscheinlich da, weil viel zu viel zwischenmenschlicher Wärme damit verbunden ist. Allerdings ist diese Seite der Motivation nicht alles. Wir beide haben ein gewisses Weltbild, in welchem die Bilder dieser Kulturen ähnlich aussehen und genau diese Bilder machten den Rest der Motivation aus.

Israel

Jüdische Geschichte betrifft uns beide. Sie reicht von ganz engen Verwandten und deren Berichten über die Zeiten vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg, bis in unsere Tage, an welchen wir sie als Vorbilder hatten. Auch sie waren betroffen von Holodomor in der Ukraine der 1930er Jahren. Auch sie waren betroffen vom Krieg und Verfolgungen der 1940er. Auch sie erlebten Unterdrückungen des stalinistischen Regimes sowie allen Schattenseiten vom Real-Kommunismus. Allein diese Geschichten haben bereits gereicht, um die Sehnsucht und Freude zu verstehen, mit welchen der moderne Staat Israel in 1948 gegründet wurde.

Ukraine

Wir beide – Anna und ich – sind in der Ukraine geboren. Ich landete bereits vor vielen Jahren in Westeuropa und dies hatte nichts mit dem aktuell tobenden Krieg zu tun. Anna kam nach Westeuropa später. Wir beide kannten Schatten- und Schokoladenseiten unserer Heimat. Wir kannten verträumte Zeit Ende der kommunistischen Ära, wir kannten die aus allen Fugen geratenen 1990er, wir kannten die Enttäuschungen und Hoffnungen danach, und den Geist der Freiheit.

Geschichtliches zu Beziehungen zwischen Ukraine und Israel

Geschichte ist grundsätzlich schwer zu erfassen, denn sie ist oft unterschiedlich dargestellt. Doch mit der Zeit bildet sich bei jedem Menschen eine bestimmte Sicht der Dinge. So ist es auch bei uns. Wir haben nicht vor Jahrtausenden gelebt, doch genug Dokumente gesehen, die Existenz der Hebräer und somit des Israels beschreiben. Die einen sind in deren Beschreibungen eher romantisch und sehr fantasievoll, die anderen feindlich, die dritten relativ realistisch. Sicher ist jedoch, dass jüdische Menschen seit ca. 2.000 Jahren in großen Mengen um die Welt unterwegs sind – Vertreibungen, Wanderungen, Ghettos, …, Diaspora. Die jüdische Diaspora in der Ukraine hat eine lange Geschichte. Ich weiß nicht, ob es die dort schon vor der Gründung der Kiewer Rus gab (ca. 882 A.D., dieser Zeitpunkt gilt bei vielen Menschen als die Gründung der Ukraine – und des Russlands). Was ich weiß, ist die Tatsache, dass die Geschichte der Beziehungen zwischen den ethnischen Juden und Ukrainern hin und wieder schwierig war. Aber genauso schwierig war die Beziehung zwischen ethnischen Juden und Russen, zwischen ethnischen Juden und Polen und vielen anderen europäischen Völkern – alles noch lange vor dem Zweiten Weltkrieg. Doch die Schwierigkeiten waren nicht flächendeckend, nicht allgemein und auch nicht von Dauer – sie tauchten tatsächlich nur hin und wieder auf, wie ein Monster aus der Tiefe.

Im Zweiten Weltkrieg haben sich die Menschen in der Ukraine gegen den Aggressor aus Nazideutschland vereint und kämpften an derselben Seite. Auch die Jahre des Kommunismus in der Sowjet-Union verbanden viele – schließlich gab es ja dort glücklicherweise die Propaganda, dass alle Völker gleich wären. In modernen Zeiten sind solche Phänomene wie Antisemitismus selten geworden und hatten einen kleineren Umfang. Auch Misstrauen mancher Menschen jüdischer Abstammung zu ukrainischer Bevölkerung war kein repräsentatives Phänomen. Anna und ich kennen diesen geschichtlichen Hintergrund sowie auch die politische Realität. Umso schwerer war es für uns zu akzeptieren, dass Menschen in der Ukraine als „Judenhasser“ oder „Faschisten“ abgestempelt wurden – absolut inadäquat. Auf dem Hintergrund des Kriegs in der Ukraine, der eigentlich schon seit 10 Jahren tobt, hat die Wahrnehmung solcher übler Nachreden eine verstärkte Wirkung. Das hat für Schmerz gesorgt und dieser kam eben in der Form des Designs zum Schein.

Ich glaube, in einem Krieg – egal ob in der Ukraine oder in Israel oder in Gaza oder auf anderen Gebieten unseres Planeten – geht es immer allen Beteiligten schlecht. Es gibt keine Ausnahmen. Denn auch die, die im Krieg weniger gelitten haben, hätten es im Frieden sicher bequemer gehabt.

Warum haben wir genau die Symbole genommen, es gibt doch auch andere?

Ehrlich: ich weiß nicht. Wahrscheinlich, weil diese geometrisch passend sind und die Verbindung einfacher darzustellen war. Auch wenn man jetzt mit Geschichten der Symbole ausholen könnte, möchte ich davon absehen. Daher wäre hier nur ganz kurz folgendes zu erwähnen. Der Dreizack ist ein Symbol der ukrainischen Kosaken – diese waren so etwas wie Söldnerverbände, die ukrainische Gebiete verteidigt haben. Sie waren professionelle Kämpferinnen und Kämpfer und man kennt ihre Geschichten auch durch Kämpfe mit „rzecz pospolita“ – damals Polen, mit türkischen Angreifern von vor Hunderten Jahren, …, sie haben sogar Wien verteidigt. Heute steht dieses Symbol genauso wie damals für Stärke und Verteidigung des Landes.

Der Davidstern hat ebenso eine lange Geschichte. Diese reicht von Verschmähungen durch die Nazis, welche jüdische Menschen mit entsprechenden Sternen kennzeichneten, um sie zu erkennen und zu diskriminieren (das ist übertrieben milde ausgedrückt) bis zu der stolzen Flagge des israelischen Staates, der seine Existenz wohl verdient hat.

Abschließend möchte ich betonen, dass ich auf diesem Blog von meiner Wahrnehmung und meiner Meinung spreche – und nicht über die Meinung anderer urteile. Und so hoffe ich, die eigentliche Bedeutung – so, wie sie uns mit Anna vorschwebte – für das gewählte Design ausreichend erklärt zu haben.

Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeit ist heute ein Trendbegriff. So viele Probleme wir Menschen über Jahrzehnte und Jahrhunderte geschaffen haben und so viel Mühe wir Menschen uns in den letzten 30 Jahren gegeben haben, um die Lage zu verbessern – es ist so viel, dass die Nachhaltigkeit nicht umsonst im Trend ist. Ich bin nicht in der Position über Nachhaltigkeit zu belehren – nur damit die Erwartung richtig gesetzt ist. Ich teile nur meine Eindrücke.

Als Begriff heißt die Nachhaltigkeit ja, dass wir Menschen uns darum bemühen (sollten), unsere Umwelt so zu behandeln, dass auch unsere Nachfahren von dieser schöpfen können, dass sie sich davon bedienen können und nicht von überfälligen Naturkatastrophen, wie die durch abnehmende Ozonschicht entstehenden, überrollt werden. Die Natur kennt keinen Spaß in dieser Hinsicht. Wenn es ein Erdbeben gibt, dann fragt es nicht nach, bei wem die Häuser versichert sind. Wenn es einen Tsunami gibt, rollt die Welle einfach alles platt – egal, ob reich oder arm, groß oder klein. Wenn wir Menschen die Natur nicht respektieren, wird sich die liebe Natur den Respekt verschaffen. So etwas kommt in der Geschichte immer und wieder vor. Und am Ende sind es immer wir Menschen, die leiden – wie unlustig.

Auch wenn wir kurz die Perspektive wechseln und uns Menschen nicht als Gegensatz der Natur betrachten, sondern eben als einen Teil davon, wird man das unangenehme Gefühl nicht los, dass da etwas nicht stimmt. Wie können alle Schöpfungen des Menschen, mit all den Unvollkommenheiten, all der Künstlichkeit, mit all dem Schaden für die Umwelt – denken Sie nur an CO2-Ausstoß der Autoindustrie, an übertriebenen Abbau der Rohstoffe, an skrupellosen Umgang mit manchen Tieren, sei es im Rahmen der Jagdaktivitäten oder in Massentierhaltung – ein Teil der Natur sein? Ich lasse hier diese Frage mal offen.

Wir stellen uns vor: es ist so und manche Sachen, die es in der Natur gibt, scheinen ziemlich weit weg von Harmonie oder Perfektion zu sein. Sterne sterben auch. Es gibt die, die zerstörerische Kraft der Natur. Allerdings wollen wir Menschen sicher nicht, uns selbst zerstören, nicht wahr?

Daher ist die Nachhaltigkeit nicht nur in den Medien, sondern bei vielen Ländern sowohl in der Politik und Wirtschaft als auch in Köpfen vieler einzelner Menschen angekommen. Kunst ist keine Ausnahme. Dort haben Einzelne schon immer Probleme zum Ausdruck gebracht, zum Beispiel mit Massentierhaltung. Heute findet man Architekturprojekte, die von einer gewissen Priese Nachhaltigkeit über funktionale Nachhaltigkeit bis die Projekte, die so richtig an Oblivion anmuten, reichen. Künstlerinnen und Künstler haben sich des Themas Nachhaltigkeit angenommen. Sie finden dazu beeindruckende Werke. Hier sind ein paar Beispiele, die mich selbst begeistert haben:

https://www.thisiscolossal.com/2024/03/british-wildlife-photography-awards-2024/

Am Ende des Tages entsteht der Eindruck, dass wir Menschen uns umsonst der Natur so sehr entgegensetzen. Das ist ein wenig so als ob sich ein Kleinkind in seinem Wunsch nach Zucker von seiner Mama lossagen würde. Mamas schmunzeln. Aber für das Kind ist es doch so ernst, nicht wahr? Jedenfalls, wenn das Kind von Mama gekonnt auf etwas anderes abgelenkt wird und den Zucker mal vergisst, ist alles wieder gut. Vielleicht ist es ja auch manchmal nicht schlecht, uns als Kinder der Natur zu sehen? Es muss doch einen guten Grund haben, warum wir beispielsweise solche Bilder wie das folgende harmonisch finden und uns über sie freuen.

Farben

Jedermann hat Geschmack. Und meistens ist der Geschmack doch ein anderer als bei Mitmenschen. Weise Menschen sagen, darüber streitet man nicht. Der Geschmack ist wie ein Stempel der Individualität – beim Essen, beim Trinken, beim Outfit, bei der Wahl von Liebespartner und so weiter. Hier möchte ich den Farben-Geschmack teilen. Dafür wähle ich Gelb und Blau.

Wie man Farben interpretiert

Wenn Menschen Kunst betrachten oder auch Bilder, die nicht immer als „Kunst“ gelten, halten sie nicht immer inne und lassen der Gefühlswelt freien Lauf. Menschen fangen ziemlich schnell an, zu denken – auch wenn es nicht notwendig ist. Und wenn sie bei der Kunstbetrachtung zu denken anfangen, möchten sie erklären, verstehen, was sich der Künstler dachte. Vielleicht ist da eine geheime Botschaft?

Und diese Neugier beschäftigt seit Jahrhunderten unterschiedliche Spezialistinnen und Spezialisten. Historiker werden befragt, was im Leben der Kunstschaffenden zur Zeit der Werkentstehung los war. Psychologinnen werden gefragt, welches Persönlichkeitsprofil und welche Gefühle in dem jeweiligen Werk zum Ausdruck kamen. Andere Künstlerinnen und Künstler werden gefragt, ob es Standardwege gibt, um dies und das auszudrücken. Und so weiter. Es sind dann meistens die Psychologie-Fachmenschen, die Farben erklären. Rot wird oft mit Aggression verbunden, Lila mit Veränderung, Grau mit Verdacht. Manche Menschen übersehen leider, dass sich diese Interpretationen kulturabhängig unterscheiden. Dazu gibt es mittlerweile viele wissenschaftliche Erkenntnisse. Hier ein Beispiel, um auf den Geschmack zu kommen:

FarbeVereinigte Staaten von AmerikaChinaÄgypten
RotGefahr, StoppGlückTod
BlauTraurigkeit, MelancholieHimmel, WolkenWahrheit, Glaube, Tugend
GelbFeigheitGeburt, ReichtumGlück, Reichtum
Tabelle: Internationale Unterschiede in Farbeninterpretation

Die Inhalte dieser Tabelle sind angelehnt an P. Russo und S. Boor in „How Fluent is Your Interface? Designing for International Users“, Proceedings of the INTERACT ´93 and CHI ´93, Association for Computing Machinery, Inc. (1993). Ähnliche Tabellen sind auch in anderen Werken zu finden. Diese sind aus den Originalen ins Deutsche von mir übersetzt. Um auf die obige Farbauswahl zurückzukommen, wäre der Tabelle anzumerken, wie unterschiedlich doch Menschen Gelb wahrnehmen. Wenn Menschen in den Vereinigten Staaten von Amerika diese Farbe mit Feigheit in Verbindung bringen, haben Menschen aus China und Ägypten ganz andere Assoziationen: Reichtum, Glück, Beginn des Lebens!

Nun neige ich in dieser Hinsicht eher in östliche Richtung. Wahrscheinlich habe ich in den letzten Jahren viel zu viel Mut unter den entsprechenden Farben gesehen. Aber das ist eine andere Geschichte.

Auf diesem Bild (die Collage besteht aus freien Stockfotos und Aufnahmen aus dem privaten Umfeld) sehe ich das Leben in unterschiedlichen Momenten: Freundschaften, Liebe, Berge, Meer, Sonne, Freude – in Gelb und Blau. Kann man sagen, das wären die Farben des Lebens?

Die Farben habe ich auch einem Tool für Bildererstellung mittels der Künstlichen Intelligenz (AI) mitgegeben. Und hier ist was das daraus gemacht hat:

Um ehrlich zu sein, ist es beides – beeindruckend, was die Technologie heute schon kann und schwach im Vergleich zu dem, was menschliche Augen merken, mit einer Kamera aufnehmen und dann aufbereiten können. Das ist lediglich meine Meinung.

Gemüt

Sonne, Sommer und Sie vor einem schönen Naturbild auf einem Hügel – eine angenehme Vorstellung, nicht wahr? Das ist das Gemüt, welches sagt “gemütlich”. Und warum sich nicht gemütlich machen, wenn der Sommer schon bald da ist? Dazu ein weiteres Gekritzel:

Erinnern

Politik ist kritisch – immer. Warum nimmt man politische Themen in Design mit auf? Wahrscheinlich kann man nicht anders.

Auf den Produkten, die heute veröffentlicht werden, ist Design von Anna Knyazeva (geschützt) zu finden. Das Bild enthält Formen, die an Davidstern erinnern und hebräische Buchstaben, die “Frieden” bedeuten. Ebenfalls enthält das Designbild die Farben, die man mit der Ukraine in Verbindung bringt. Ist das eine Provokation? Keinesfalls.

Es ist uns sehr wohl bewusst, dass Menschen unterschiedlich darauf reagieren und wir wollen niemandem zu nahe treten. Was wir wollen, ist erinnern: an die Menschen, die leiden und an die Bedeutung des Friedens.

frieden

Wenn man schon die Gelegenheit hat, Bilder zu betrachten und vielleicht ein wenig an Kunst zu denken, wäre vielleicht interessant auch mal zu sehen, wie die Künstliche Intelligenz ähnliche Ideen verarbeitet:

Und noch einmal: es soll an Leid der Menschen erinnern und an die Bedeutung vom Frieden – keinesfalls politische Propaganda sein.